Die Gründungssage von Frauenfeld erscheint ebenfalls auf der Scheibe von 1543 aus dem Rathaus von Stein am Rhein und auf der Scheibe von 1567 aus Winterthur. Diese beiden Werke befinden sich gleichfalls im Historischen Museum Thurgau (TG_20, TG_76).
In den 1950er Jahren waren vor allem Niklaus Bluntschli und Jos Murer für den Thurgau als Glasmaler tätig. Daneben signierte Hieronymus Lang 1547 eine Scheibe für den Fischinger Abt Markus Schwenkli (Berchtesgaden, Schlossmuseum; Hasler, 2010, S. 102). Dessen Werk unterscheidet sich in stilistischer Hinsicht jedoch stark von vorliegender Stadtscheibe (vgl. Hasler, 2010, 101–105). In Bluntschlis Werk hingegen, lassen sich ähnlich lichte Landschaftsdarstellungen (vgl. die Wappenscheibe von Kaspar Letter für Tänikon, Schweizerisches Landesmuseum; Schneider, 1980, S. 267; sowie diejenigen im Westarm des Kreuzgangs von Wettingen; Hoegger, 2002, Abb. S. 138–141), ähnliche Gesichter (vgl. TG_29) sowie ein entsprechender Schriftcharakter (vgl. die Scheibe Luzerns für Tänikon, Schweizerisches Nationalmuseum; Schneider, 1971, Bd. 1, Nr. 274) feststellen. Zwar verwendete Bluntschli meist reich dekorierte architektonische Rahmungen. Die schlichten Pfeiler und Gebälke auf der Stadtscheibe von 1553 sind aber auf derjenigen von 1543 (TG_20), die sicherlich als Vorlage diente, bereits vorgebildet.
Der ursprüngliche Bestimmungsort der Stadtscheibe ist nicht überliefert. Um 1550 gelangte eine Frauenfelder Stadtscheibe in die Zunft zu Kaufleuten in Stein am Rhein, jedoch waren die dort vorhandenen Scheiben 1630 beschädigt und wurden ersetzt (vgl. Hasler, 2010, S. 165; TG_22). 1554 stiftete die Stadt Diessenhofen eine Scheibe in das Haus des Schultheissen Jakob Läringer (Enginer)(Raimann, 1992, S. 202). Wahrscheinlich stiftete damals auch Frauenfeld eine Scheibe in das Haus ihres Schultheissen. Ausserdem erbat sich der Prior der Kartause Ittingen an der eidgenössischen Tagsatzung 1551 Fenster und Wappen für die neu erbaute Kirche. Zürich lieferte 1551/52 eine von Carl von Egeri geschaffene Standesscheibe dorthin (Eidgenössische Abschiede, Bd. 4/1, S. 507–08, 549 (Juni und September 1551); Meyer, 1884, S. 288). 1552 stiftete auch das Kloster Tänikon eine Wappenscheibe in die Kirche von Ittingen (Boesch, 1943, S. 30). 1569 folgte eine Stadtscheibe Diessenhofens (Bürgerarchiv Diessenhofen, Ausgabenbuch 1569, Seite 8; Raimann, 1992, S. 202). Da Bluntschli 1558 im Auftrag der Tänikoner Äbtissin Sophia vom Grüth einen Zyklus für den dortigen Kreuzgang schuf (vgl. TG_29), besteht die Möglichkeit, dass er bereits 1552 die Bestellung aus Tänikon für eine Wappenscheibe nach Ittingen erhielt. Da der Zürcher Glasmaler stets Wappenscheiben für Stiftungen in Klöster, so nach Tänikon, Muri und Wettingen, ausführte, liegt es nahe, dass auch die vorliegende, ihm zuzuweisende Stadtscheibe für ein Sakralgebäude gedacht war.
Auf dem Titelblatt des Thurgauischen Neujahrsblatt 1835 ist eine schematische Darstellung der Stadtscheibe abgebildet.
Die Scheibe wird genannt in:
Büchi, 1890, S. 32, S. 35f., Nr. 4.
Stähelin, 1890, S. 43, Nr. 21.
Leisi, 1946, Abb. S. 42.
Knoepfli, 1950, S. 143, 182.
Naumann, 1966, S. 59.
Rathaus Frauenfeld, S. 20f., 38, Abb. 14.
Früh, 2001, S. 74.