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FR_167: Bildscheibe Hans Jakob Astheimer 1683: Hl. Messe
(FR_Freiburg_MAHF_FR_167)

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Titel

Bildscheibe Hans Jakob Astheimer 1683: Hl. Messe

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Bucher, Leontius · zugeschrieben
Datierung
1683

Ikonografie

Beschreibung

Das Mittelbild eröffnet den Blick in einen Kirchenchor, in dem sich der Altar vor butzenverglasten Rundbogenfenstern und darüberliegenden Oculi erhebt. Auf dem Altarblock, dessen Antependium das Christusmonogramm IHS zeigt, steht das Retabel mit geschnitzten Puttenköpfen. In seiner Mitte befindet das von brennenden Kerzenstöcken beseitete Altarkreuz mit den Büsten Johannis und Mariä. Auf der Spitzendecke der Altarmensa liegt ein schwarzes Kissen für die Aufnahme des Messbuches. Letzteres liegt zu Füssen des Stifters, der darauf sein Birett abgelegt hat und, mit dem Rosenkranz in den Händen betend, vor dem Altar kniet. Gleichzeitig bilden Messbuch und Birett, die von einem Lorbeerkranz umfangen werden, die Helmzier des in der Fussszone stehenden Wappens. Der Pfarrer trägt die Messkleidung mit schwarzer Sutane, weissem Superpelliceum und schwarzem Skapulier.
Vor den seitlichen Architekturöffnungen mit vorgestellten blauen Säulen stehen die Namensheiligen des Stifters. Links ist der hl. Jakobus d. Ä. in Pilgertracht mit Stiefeln, blauem kurzem Rock und gelbem Mantel dargestellt. Den breiten Mantelkragen zieren Muscheln und gekreuzte Wanderstäbe als Pilgerandenken. In der linken Hand das Buch haltend, stützt sich der Heilige mit seiner Linken auf den Pilgerstab. Rechts segnet der hl. Evangelist Johannes den Kelch, aus dem die Giftschlange entweicht. Der jugendliche bartlose Apostel trägt über dem grünen Gewand einen roten Mantel. Im Oberbild thront zwischen den architektonischen Abschlüssen die Muttergottes in einem umwölkten Strahlenkranz. In ein rotes Gewand und einen blauen Mantel gekleidet, hält sie das segnende Christuskind mit der Weltkugel im rechten Arm und überrreicht mit der Linken dem Stifter einen Rosenkranz. Als Himmelskönigin und apokalyptisches Weib ist sie gekrönt und stellt ihren Fuss auf die Mondsichel. Das halbrund angelegte lateinische Schriftband spielt auf ihren Schutz an: “Heiligste Gottesgebärerin und Jungfrau, du verlässt den, der dir vertraut, in Ewigkeit nicht.” Im Fussteil der Scheibe steht das Wappen vor der roll- und blattwerkgerahmten Inschrifttafel.

Iconclass Code
11F42 · Madonna: Maria sitzt oder thront (machmal halbfigurig) und hält das Christuskind in ihrem Schoß (oder vor ihre Brust)
11H(JAMES THE GREAT) · Jakobus der Ältere (Major), Apostel; mögliche Attribute: Buch, Pilgermantel, -hut, -stab, und -tasche, Muschel, Schriftrolle, Schwert
11H(JOHN) · Johannes der Evangelist, Apostel; mögliche Attribute: Buch, Kessel, Kelch mit Schlange, Adler, Palme, Schriftrolle
11Q22(+2) · Hilfsmittel für das Gebet, z.B. der Rosenkranz (+ Maria)
11Q714113 · Altar mit Aufsatz (Retabel)
11Q7311 · Heilige Messe (Gottesdienst, insbesondere der römisch-katholischen Kirche)
46A122(ASTHEIMER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (ASTHEIMER)
7(+5) · Bibel (+ Stifter, Bittsteller (auf jeden Fall mit heiligen Patronen))
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Astheimer: In Gold über grünem Dreiberg zwei gekreuzte natürliche, grün belaubte Äste mit goldenen Früchten; Helm: silbern mit goldenem Visier und goldenen Beschlägen; Helmdecke: grün und golden; Helmzier: über grün-goldenem Wulst in einem grünen Lorbeerkranz ein silbernes Buch, überhöht von einem schwarzen Birett.

Inschrift

Stifterinschrift: D. Hans Jacob. – Astheimer / Heiliger Schrifft – Doctor Der Zit / Plebis Didinqanæ – Capellanvs / anno 1683.
Bildinschrift: In Te Confidentem Sanctissima Dei Genetrix Virgo Æternvm Non Deseres.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Mehrere Notbleie, einzelne Sprünge. Ein Flickstück rechts über dem Kopf des hl. Jakobus. Das nur dünn aufgetragene grüne Email im Lorbeerkranz über dem Wappen grossteils abgesprungen. Rückseitig grössere Kittrückstände.

Technik

Farbloses Glas. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb, jeweils in verschiedenen Farbstufen, Eisenrot, blauen, grünen und violetten Schmelzfarben. Schmelzfarben stellenweise radiert.

Entstehungsgeschichte

Forschung

1499 errichteten Pfarrer, Geschworene, Pfarrgenossen und Rat von Freiburg in Düdingen ein zweites Benefizium zugunsten eines Kaplans, der nun das Recht erhielt, am Altar in der Totenkapelle die Messe zu lesen (Brügger 1987. S. 33; Brügger 2002. S. 67–68). Kaplan Hans Jakob Astheimer von Düdingen, dessen Amtszeit zwischen 1672 und 1691 belegt ist, war offenbar ein anerkannter und geschätzter Mann. Um ihn rankt sich eine seltsame Legende des Sensebezirks: Ein Mann in Vogelshaus, welcher der Muttergottes sehr zugetan war, wurde krank, erhielt die Sakramente und verstarb. Wenige Stunden nach seinem Dahinscheiden, erhob er sich vom Totenbett und verlangte zu beichten. Der zuständige Pfarrer von Bösingen weigerte sich, nochmals zurückzukehren, war er doch überzeugt vom Ableben des Mannes. Man holte daraufhin Kaplan Astheimer, der dem Wiedererweckten die Beichte abnahm. Da er vormals eine Sünde verschwiegen hatte, gab ihm die Muttergottes das Leben zurück, damit er auch dieses Vergehen vor Gott bekennen konnte (Dellion VII, 1891. S. 94; Brügger 2002. S. 94–95). Astheimer wurde am 30.1.1642 als Sohn des Johann Jakob Asper (sic!) und der Katharina Schrago in Freiburg geboren (StAF Taufbuch IIa 5a, p. 276. Vgl. Thürler 1998. S. 61, Nr. 25c, der annimmt, dass die Familie ursprünglich aus dem Wallis kam und den Namen änderte. Kaplan Hans Jakob war ein Bruder des Hufschmieds Martin Astheimer, Burger zu Freiburg, wohnhaft in der Schmiedgasse, vgl. RN 358, fol. 176v–177r [7.3.1689]). Er legte die Priesterweihe am 14.12.1667 ab. Seine anfängliche Wirkungsstätte ist unbekannt. Offenbar unternahm er im Verlauf der Zeit zahlreiche Pilgerreisen nach Einsiedeln (Dellion II, 1884. S. 94). 1672 wurde er Pfarrverwalter in Düdingen, 1672–1691 amtete er als dortiger Kaplan und übernahm anschliessend die Kaplanenstelle in Vuisternens-devant-Romont, wo er bis 1695 verblieb (Dellion XII, 1902. S. 263 [dort aber nicht mit dem Düdinger Kaplan in Verbindung gebracht]). 1688 wurde er tobsüchtig (hirnmütig) und musste ins Spital überführt werden. Seine Wertsachen wurden während dieser Zeit eingezogen. Die Brüder Martin und Peter bemühten sich längere Zeit darum, ihn aufnehmen zu dürfen, was ihnen im Mai auch gewährt wurde (StAF RM 239, 1688, p. 107 [24.3.1688], p. 128 [2.4.1688], p. 132 [8.4.1688], p. 138–139 [28.4.1688], p. 134 [30.4.1688], p. 161 [10.5.1688]).
Die originelle Scheibe mit dem Stifterbild in der Kirche und mit der Verbindung von Helmzier und Stifterbild ist mit grosser Sicherheit Leontius Bucher zuzuschreiben. Leontius Bucher von Sursee, seit 1679 in Freiburg, wurde 1682 Bürger der Stadt. Die vorliegende Scheibe zeigt grosse stilistische Verwandtschaft mit den Glasgemälden dieser Surseer Glasmalerfamilie des Kantons Luzern. Diese äussert sich auch ikonographisch durch die am oberen Rand erscheinende, ins Bild ragende Darstellung der Muttergottes im Strahlenkranz, der wir auch bei Hans Jakob I. Geilinger in Luzern und Hans Jakob Bucher oder Johann Christoph Thuot in Sursee begegnen (Lehmann 1941. Abb. 290, 330, 348).
Das Museum für Kunst und Geschichte Freiburg erwarb im späten 19. Jahrhundert insgesamt sechs Einzelscheiben aus Düdingen (FR_167, FR_168, FR_169, FR_170, FR_171, FR_172). Sie gehören zu einer Scheibenserie, die offenbar 1683 in die Pfarrkirche Düdingen, das Pfarr- oder Kaplanenhaus oder eine der umliegenden Kapellen gestiftet worden war. Fünf Scheiben wurden 1880 aus der Kaplanei Düdingen angekauft, die sechste Wappenscheibe, jene Hans Jakob Astheimers, konnte das Museum 1898 nachträglich in Düdingen über den Pfarrer P. Robert Perroulaz (1853–1929) erwerben. Mit Ausnahme der Scheibe des Kaplans, die das doppelte Format aufweist, besitzen die bürgerlichen Stiftungen die Grösse eines halben Papierbogens. Von diesen bildet allein die Scheibe Johann Peter Castellas eine Ausnahme: Durch den Verlust des Oberbildes ist sie weniger hoch, zudem wurde sie von einem anderen Glasmaler geschaffen, während die übrigen Scheiben einheitlich dem gebürtigen Surseer Leontius Bucher zugeschrieben werden können. Aufgrund ihrer Herkunft und ihres Datums wird man die Scheibe Castella-Kessler dennoch in den gleichen Zusammenhang rücken müssen. Von gleicher Provenienz wird 1882 von Grangier im Museumskatalog noch eine Scheibenstiftung des Petermann von Montenach und der Maria Magdalena Brünisholz von 1683 aufgeführt, sie ist aber heute verschollen (Grangier 1882. S. 106, Nr. 322; vgl. auch Catalogue 1909. Nr. 106). Sie dürfte wohl kaum mit der fragmentarischen Wappenscheibe Montenach-Brünisholz im Vitromusée Romont (VMR_222_FR_332) zu identifizieren sein, da diese stilistisch etwas später anzusetzen ist und formal nicht zu den hier behandelten Scheiben passt.
Als ursprünglicher Stiftungsort kommt am ehesten die Pfarrkirche Düdingen in Frage, obwohl um 1683 keine Renovation bezeugt ist. Eine Scheibe hatte die Freiburger Obrigkeit bereits um 1488 in die Kirche geschenkt (Dellion VII, 1891. S. 84). Die neue Pfarrkirche wurde nach den Forschungen Alfons Brüggers in den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts errichtet (Boschung 1995. S. 58–62 (zur Pfarrkirche); Brügger 2002. S. 71–72). Ausbesserungen und Erneuerungen fanden 1662 statt, und 1759 weihte Bischof Joseph Niklaus von Montenach einen neuen Hochaltar ein (Brügger 1987. S. 7). 1834–1837 musste die alte gotische Kirche einem grösseren Neubau weichen. Möglicherweise kamen die Scheiben erst zu diesem Zeitpunkt in die Kaplanei. Während für die kleineren, privaten Scheiben auch das Pfarrhaus oder die Kaplanei in Düdingen sowie das alte Beinhaus durchaus als ursprünglicher Bestimmungsort in Frage kommt, könnte die Astheimer-Scheibe aufgrund ihres ganzbögigen
Formates und höheren ikonographischen und künstlerischen Anspruchs eher für die Pfarrkirche bestimmt gewesen sein.

Datierung
1683
Eingangsdatum
1898
StifterIn

Astheimer, Hans Jakob (1642–1695?)

Schenker*in / Verkäufer*in

Pfarrer P. Robert Perroulaz, Düdingen.

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Vorbesitzer*in

1898 aus Düdingen erworben.

Inventarnummer
MAHF 3508

Bibliografie und Quellen

Literatur

Catalogue du Musée Cantonal des Beaux-Arts et d’Antiquités Fribourg. Répertoire général. 1909 ff. (Handschriftlicher Katalog Archiv MAHF) Nr. 9.

Catalogue des vitraux de familles fribourgeoises propriété du Musée cantonal, dressé par Alfred Weitzel en 1909. Manuskript mit Wappenzeichnungen. (Staatsarchiv Freiburg Ma 11), p. 6–7.

P[eissard], N[icolas]. Catalogue des vitraux armoriés exposés dans les galeries. Fribourg 1927. S. 11 (19me fenêtre).

Vitraux héraldiques fribourgeois (Exposition Romont, Musée du Vitrail du 28 février au 10 avril 1988). Romont 1988. Nr. 34.

Bergmann, Uta. «Gemalt fenster und glasmaler». Die Sitte der Fenster- und Wappenstiftung in Deutschfreiburg. In: Freiburger Volkskalender 2009. S. 100–101, Abb. 6.

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 167.

Vgl.

Grangier, Louis. Notice historique sur le Musée cantonal de Fribourg. In: Bulletin de la Société fribourgeoise des Sciences naturelles II, 1882, p. 50–96.

Dellion, Apollinaire R. P. et François Porchel. Dictionnaire historique et statistique des paroisses catholiques du Canton de Fribourg. Suivi du Répertoire du dictionnaire par Pierre de Zurich. 12 Bde. Genève 1994 (Reprint der Ausgabe 1884–1902). VII. 1891. S. 94 (Astheimer).

(Maurice Villard?) Clergé séculier et régulier. Original in den Archives de l’Evêché Fribourg. (Staatsarchiv Freiburg Rr 26.1) S. 4.

Lehmann, Hans. Die Geschichte der Luzerner Glasmalerei von den Anfängen bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts. (Luzern. Geschichte und Kultur III, 5) Luzern o. J. [1941].

Brügger, Alfons. Pfarrkirche und Kapellen der Pfarrei Düdingen. Geschichtlicher Überblick zum 150jährigen Bestehen der Pfarrkirche Düdingen 1987. Hrsg. von der Pfarrei Düdingen. Freiburg 1987.

Catalogue alphabétique des prêtres séculiers et réguliers au service du diocèse de Lausanne, Genève et Fribourg jusqu’en 1996 / Alphabetisches Verzeichnis der Priester aus dem Welt- und Ordensklerus im Dienst der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg bis 1996. Uebewil 1997 (Mskr. Kantons- und Universitätsbibliothek und Staatsarchiv Freiburg Rr 26.5) Nr. 164.

Boschung, Moritz. Düdingen von A–Z. Düdingen 1995.

Thürler, Athanas. Geschichte der Pfarrei Düdingen. Die Biographien der Geistlichen (XIII.–XX. Jahrhundert). 2. erw. Auflage. o. O. 1998. (Staatsarchiv Freiburg Rr 26.2) S. 98–99.

Brügger, Alfons. Geschichte und Geschichten der Pfarrei Düdingen. Ein Beitrag zur Volkskunde. Hrsg. von der Pfarrei Düdingen. Freiburg 2002.

Staatsarchiv Freiburg (StAF): Ratsmanuale (RM), Notariatsregister (RN), Taufbücher St. Nikolaus.

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Freiburg_MAHF_FR_167
Fotonachweise
© MAHF (Foto: Primula Bosshard)
Copyright
© Musée d'art et d'histoire Fribourg (MAHF)
Eigentümer*in

Musée d’art et d’histoire Fribourg (e-collection MAHF)

Inventar

Referenznummer
FR_167
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

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