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Das auf der Oberseite des Kästchens intarsierte (Phantasie?-) Wappen ist für einen schweizerischen Auftraggeber kaum denkbar. Die Kunstschreinerarbeit ist wohl neapoletanisch und auf Anfang des 17. Jahrhunderts zu datieren. Die Hinterglaseinlagen, welche die Kassetten zieren, stellen ein klar strukturiertes Bandelwerk, krauses Getier mit haarfeinen langen Füssen oder Schnecken, die ein steinbockshornähnliches Häuschen tragen, dar, die sich in der Ornamentgraphik ab 1580/90 finden. Auch der Zürcher Glasmaler, Stecher und Tafelmaler, möglicherweise auch als Hinterglasmaler tätige Dietrich Meyer d. Ä. (1572–1658) bediente sich dieses Formenschatzes. Diese Ornamente beleben ebenfalls die Randeinfassung eines fragmentarischen Hinterglasgemäldes mit Adam und Eva, das vom Monogrammisten WBL signiert ist und nach 1585 zu datieren ist, da es den 1585 datierten Stich von Hendrik Goltzius (1558–1617) nach Bartholomäus Spranger (1546–1611) wiedergibt (Turin, Museo Civico, Inv.-Nr. V. O. 54-2947. Pettenati 1978. S. 84/85, tav. 199). Weitere Vergleichsbeispiele bilden ein Spiegel des Bayerischen Nationalmuseums in München um 1620 (Inv.-Nr. R 8042), ein Rahmen eines Silberreliefs um 1630 in demselben Museum (Inv.-Nr. 69/65), die Glaseinlagen in zwei Kabinettschränken im Museo Stibbert in Florenz (Inv.-Nr. 11616 und 11642) sowie die dem Monogrammisten VBL zugeschriebene Ruinenlandschaft PSV_658 der Sammlung R.+F. Ryser (Inv.-Nr. RY 752). Die Glaseinlagen, die deutlich die schweizerische Ameliertechnik verraten, müssen folglich in der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts entweder in der Alten Eidgenossenschaft (wohl in Zürich) entstanden sein oder in Neapel, wo solche Kästchen produziert wurden. Der sehr wahrscheinlich aus der Schweiz stammende Monogrammist VBL ist nach Neapel ausgewandert und hat dort mit weiteren Gesellen eine produktive Werkstatt unterhalten. Dies bezeugen die zahlreich erhaltenen Hinterglaseinlagen, die für Schubladenfronten von neapolitanischen Kabinettschränken bestimmt waren.
Ein Kabinettkasten mit Elfenbein-Fadeneinlagen und seitlichen Trägerbügeln (aber ohne Wappen) befindet sich in der Sammlung Jeannine Geyssant, Paris. Das amelierte Bandelwerk der Hinterglaseinlagen stimmt mit dem des Schmuckkastens aus der Sammlung R.+F. Ryser überein, sodass man annehmen kann, dass das Bandelwerk in der gleichen Werkstatt gestaltet wurde.
Vergleichbare Rechteckkasten sind auch auf dem internationalen Kunstmarkt zu finden. (zum Beispiel Hampel. Fine Art Auctions Munich, Lot 915, Mittwoch, 20. Juni 2012: https://hampel-auctions.com [21.6.2016]) In diesem Fall zeigt die Ornamentik Vasen und florale Dekorationen.
Datation
Um 1625
Période
1620 – 1650
Date d'entrée
2000
Donateur·trice / Vendeur·euse
Lieu de production
Propriétaire
Propriétaire précédent·e
Galerie J. Kugel, Paris · R.+F. Ryser (1988)
Numéro d'inventaire
RY M 45