Das rote Kreuz des Heiligen Grabes lässt den Schluss zu, dass es sich beim Stifter um Peter († 1533) oder seinen Bruder Wilhelm Arsent (1497–1538) handelt, die beide 1519 eine Wallfahrt nach Jerusalem unternahmen und dort Ritter des Heiligen Grabes wurden. Peter Arsent war Freiburger Grossrat 1515–1520, Vogt zu Grandson 1520–1525 und 1525 Ratsherr (Schneider 1962, S. 52). Sein Bruder Wilhelm, in Freiburg 1520–1524 Ratsherr und 1520–1523 Bürgermeister, wurde 1538 auf Befehl des französischen Königs Franz I. hingerichtet, nachdem er 1537 in Basel einen Studenten aus dessen Land getötet hatte (Bergmann 2014, Kat., S. 460). Die beiden Brüder hatten als Eltern Franz Arsent (1457–1511) und Margaretha von Diesbach († 1519), die eine uneheliche Tochter des Berner Schultheissen Wilhelm von Diesbach (1444–1517) war. Sollten die im 17. Jahrhundert in die Scheibe eingeritzten Namen der Maria Barbara und des G.von Diesbach als Besitzervermerke zu verstehen sein, dann könnte dieselbe 1529 allenfalls an ein Mitglied dieser Familie gestiftet worden sein.
Die elegante Schildbegleiterin findet sich spiegelbildlich in analoger Form auf der Wappenscheibe des Urners Hans Brügger von 1540, die gleichfalls aus der Sammlung La Roche stammt und als Depositum der Gottfried Keller-Stiftung ans Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich gelangt ist (Dep. GKS 3536; Glasgemälde 1983, S. 72f., Abb. 82; Gottfried Keller-Stiftung 1962, S. 68f., Abb. 26). Diese beiden auf die gleiche Vorlage zurückgehenden Frauengestalten verraten den deutlichen Einfluss Niklaus Manuels, dessen Schaffen für den zu seiner Zeit die Berner Glasmalerei prägenden Hans Funk vorbildhaft war. Wenn auch nicht auf diesen selbst, so dürfte die Wappenscheibe Arsent zumindest auf einen von dessen und Manuels Wirken inspirierten unbekannten Meister aus Bern oder Freiburg zurückgehen. Ihm zuweisen lässt sich ebenfalls die Wappenscheibe des Amé du Terraul aus dem Jahr 1532 (PB_19). Diese besitzt am unteren Rand ebenfalls Einritzungen aus dem 17. Jahrhundert mit Namenszügen, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass sie sich damals am gleichen Ort wie diejenige des Wilhelm oder Peter Arsent befand.
Wie Zeiners Zyklus aus Baden befand sich die Scheibe vielleicht in der Chartreuse bei Hilterfingen, der 1819–1821 erbauten Sommerresidenz des Berner Staatsmanns Niklaus Friedrich von Mülinen (1760–1833). 1831 wurde die Chartreuse von Rudolf Emil Adolf de Rougemont (1805–1844) erworben, und zwar unter Einschluss der dortigen Scheibensammlung von Mülinens. Nach de Rougemonts Tod blieb dessen Witwe Adele von Bonstetten (1814–1883) bis 1863 dort wohnhaft. Damals übersiedelte sie ins Schloss Hünegg, das sie und ihr zweiter Gemahl Albert von Parpart (1813–1869) nahe der Chartreuse hatten errichten lassen. Zu den von ihnen damals von dort in die Hünegg übernommenen Glasgemälden könnte die Wappenscheibe Arsent gehört haben. Denkbar ist aber auch, dass sie erst nach 1863 in den Besitz des Paares gelangt ist. Beim Tode der Adele von Bonstetten war sie jedenfalls in der Hünegg, wurde sie doch von deren Erben Franz von Parpart, dem Neffen Alberts, 1884 von dort nach Köln an die Auktion bei J. M. Heberle überführt. Laut Johann Karl Bossard wurde die Scheibe bei der Auktion für 1640 Mark von einer nicht näher bekannten Person namens Sattler ersteigert. Sollte dieser ein Kunsthändler gewesen sein, könnte er damals die Scheibe allenfalls für Louis La Roche-Ringwald (1844–1921) aus Rheinfelden erworben haben, der zwischen 1880 und 1905 für sich eine grosse Glasgemäldesammlung zusammentrug (Schneider 1962, S. 51). Dazu zählte neben weiteren Glasgemälden aus der Sammlung Parpart-Bonstetten nachweislich die Wappenscheibe Arsent, die von den Nachkommen La Roches 1962 ans Schweizerische Nationalmuseum in Zürich verkauft worden ist.
Die Scheibe wird genannt in:
Heberle, 1884, S. 38, Nr. 519.
Bossard, 1884, Nr. 519.
Gottfried Keller-Stiftung, 1962, S. 68f.
Schneider, 1962, S. 52f., Nr. 4.
Lapaire, 1969, Nr. 95.
Schneider, 1971, Bd. 1, S. 73f., Nr. 182.
Bergmann, 2014, Bd. 1, S. 744, Abb. 236.2.
Hasler, 2023, S. 47f., Nr. 26, Abb. 2.