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Der Thuner Kirchenchor, das sog. Collegium musicum, wurde 1668 gegründet und bestand bis 1863. Die Scheibe zeigt die Musiker als eine zu Ehren Gottes aufspielende Gesellschaft, die sich unter dem Auge Gottes und den Engelschören versammelt hat. Während in Bern mit der Reformation die Kirchenmusik zunächst ganz abgeschafft und dann auf den vierstimmigen Psalmengesang beschränkt worden war, blieb das Musizieren im privaten Kreise unbehelligt, doch wurde das Tanzen nach Möglichkeit unterdrückt. Erst als 1661 in Bern der Zinkenist und Anführer der obrigkeitlichen Stadtpfeifer Johann Ulrich Sultzberger zu wirken begann, veränderte sich dort das Musikleben. Sultzberger, den die Regierung in das eigens für ihn geschaffte Amt eines Musikdirektors einsetzte, verhalf der Kirchenmusik durch ihre Förderung an der Hohen Schule zum Durchbruch. Er gründete und förderte musikalische Vereinigungen, die "Collegia Musica" und erleichterte das Notenlesen durch die Überarbeitung des Psalmenbuches. Auch in den Landstädten wie Thun konnten sich eigentliche "Collegia musica" entwickeln, die sich wöchentlich zum Musizieren und geselligen Beieinander versammelten. Zum Gesang kam bald auch die Instrumentalmusik hinzu. Die Musikkollegien entwickelten, ähnlich wie Zunftgesellschaften, Statuten, führten eine Kasse, sprachen Bussen für Mitglieder aus, die Proben verpasst hatten, und dienten auch wohltätigen und geselligen Zwecken (Capitani 1993, S. 46–58; Berns goldene Zeit 2008, S. 372–378).
Das Bernische Historische Museum besitzt ein Gemälde von 1728, das eine Satire auf dieses Thuner Kollegium darstellt (Öl auf Holz, 71 x 41 cm, BHM Bern, Inv. 2396). Dasselbe weist jedoch weder stilistisch noch motivisch Parallelen zum Glasgemälde auf, das singulär in der Berner Glasmalerei bleibt. In Thun ist in der Zeit um 1737 kein Glasmaler mehr fassbar. Das Kollegium dürfte die Scheibe demnach bei einem unbekannten auswärtigen Meister in Auftrag gegeben haben. Von einem Scheibenriss mit dem Musikkollegium, der sich 1943 im Thuner Museum befunden haben soll und Jakob Tremp zugewiesen wurde, fehlt heute jede Spur (Das Amt Thun 1943, S. 265).
Als Vorlage für die Darstellung des Thuner Musikkollegiums diente dem Glasmaler das in Kupfer gestochene Titelblatt des 1682 in St. Gallen beim Buchbinder Jakob Hochreutiner unter dem Titel "Geistliche Seelen-Music" erschienenen Gesangbuchs für Kirche und Schule. Dieses ein himmlisches und ein kirchliches Musikensemble wiedergebende Titelblatt wurde in den verschiedenen Neuauflagen des Gesangbuchs übernommen (HLS 6/2007, Abb. S. 401).
Der obere Teil dieser Scheibe ist durch eine Pause Hans Drenckhahns in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont dokumentiert (Mappe 125).
Datation
1737
Commanditaire / Donateur·trice
Thun, Kollegium (Collegium) musicum
Localisation d'origine
Lieu de production
Propriétaire
Seit 1894 im Bernisches Historisches Museum Bern (Besitz des Staates)
Propriétaire précédent·e
Bis 1894 Kunstmuseum Bern
Numéro d'inventaire
BHM 1931