Hans Joachim Keller übernahm 1679 die Mühle im Sangen (Ortsteil Weinfeldens) von der im Besitz Zürichs befindlichen Herrschaft Weinfelden, wofür er den Zürcher Herren eine schöne Summe von Diskretionen (Trinkgeldern), nämlich 30 Reichstaler, zu übergeben hatte. Laut Einträgen in den Eheregistern der evangelischen Kirchgemeinde Weinfelden heiratete er am 20. August 1682 Anna Scherb (Staatsarchiv Thurgau, Slg. 13.2.0/370, Bde. 1 und 2). Anlässlich seiner Heirat veranstaltete er ein Hochzeitsschiessen, zu dem Verwandte und Freunde reichlich Ehrengaben spendeten (Brüllmann, 1947, S. 182). Das Museo Storico in Como besitzt eine von Hans Joachim Keller und Anna Scherb gestiftete Rundscheibe aus dem Jahr 1698. Sie gehört zu einer Serie von mindestens 13 Scheiben (vgl. TG_297).
Hans Joachim Keller hatte einen gleichnamigen Sohn Hans Joachim (20.11.1687), der die Mühle in Sangen übernahm und am 2. Mai 1710 Anna Margaretha Dünnenberger (1689) heiratete (STATG, Slg. 13.2.0/370, Bde. 1 und 2). Von diesem Ehepaar haben sich zwei Allianzscheiben aus den Jahren 1710 und 1711 im Rathaus Weinfelden (TG_264) sowie im Gasthaus Trauben in Weinfelden (TG_1441) erhalten. Auf der Wappenstiftung von 1711 bezeichnet sich Hans Joachim Keller als “Jungmüller” und “jung von Jahren”.
Gemäss der Stifterinschrift hielt sich der aus Zürich gebürtige Fähnrich Hans Hartmann Vögeli 1682 in Weinfelden auf. Weshalb er damals dort weilte, ist nicht bekannt. Beruflich betätigtet er sich als Posamenter (Bortenwirker, Bandweber).
Die Stiftung Hans Joachim Kellers und Hans Hartmann Vögelis in das Schützenhaus von Weinfelden ist in dem 1682 von Schützenmeister Hans Jakob Düssli erstellten Protokoll folgendermassen vermerkt: “M. Hanss Joachim Keller, Müller, und M. Hanss Hartman Fögeli, Bassamenter, verehrend sambt iren Wappen ein Fenster” (Brüllmann, 1947, S. 181f.).
Der 1682 erfolgte Neubau des Weinfelder Schützenhauses bot Anlass zu zahlreichen Fenster- und Wappenstiftungen. Dies belegt das vom damaligen Schützenmeister Hans Jakob Düssli angelegte Protokoll, worin dieser insgesamt sechzehn 1682 dorthin verehrte Fenster mit Angabe ihrer Stifter verzeichnete. Wie daraus hervorgeht, schenkte jedes Mitglied der Musketenschützengesellschaft allein oder mit einem Kollegen ein Fenster mit seinem Wappen in deren neues Haus. Die meisten der Stifter finden sich mit ihrem Wappen auch auf dem Glasgemälde, das die Gesellschaft für dort anfertigen liess (TG_79). Als Schöpfer der 1682 entstandenen Scheibenfolge für das Weinfelder Schützenhaus ist Wolfgang Spengler bezeugt. Seine Signatur zeichnet die meisten der zum Zyklus zählenden Werke aus. Laut der von der Schützengesellschaft aus dem Jahre 1682 erhaltenen Rechnung wurden die betreffenden Scheiben zu 5 Batzen pro Stück in dessen Konstanzer Werkstatt hergestellt und gebrannt (Brüllmann, 1947, S. 177f., Anm. 3; Lei, 1983). Weil der Zyklus mehrheitlich kleine Rundscheiben mit einem oder zwei Stifterwappen umfasst, muss sich der Stückpreis von 5 Batzen auf diese beziehen. Für die beiden den Zyklus vervollständigenden grossen rechteckigen Glasgemälde, welche die Schützengesellschaft selbst (TG_79) sowie Zürichs Obervogt Hans Kaspar Hirzel (TG_1457) bei Spengler in Auftrag gaben, wird dieser hingegen bestimmt mehr verlangt haben.
Dank Düsslis Protokolleinträgen kennt man ebenfalls die Stifter jener 1682 ins Weinfelder Schützenhaus gelangten (wahrscheinlich durchwegs runden) Wappenscheiben, die heute verschollen sind. Je eine Wappengabe machten demnach auch Hans Konrad Müller und Hans Keller, Stefan Müller und seine Frau Katharina Häberli, Ulrich Mästinger und seine Gemahlin, Daniel Reinhart (Rennhart) und Sigmund Bornhauser, Sebastian Reinhart (Rennhart) und seine Frau sowie Tobias und Adrian Lenzinger (Brüllmann, 1947, S. 180 [Nr. 7], 181 [Nrn. 11, 12, 13], 182 [Nr. 15]).
In späterer Zeit wurde das Schützenhaus von 1682 mehrmals erneuert und verlegt. Wann genau der Scheibenzyklus von dort entfernt wurde, ist ungewiss. Heute sind davon noch zwölf Scheiben im Rathaus Weinfelden ausgestellt. Bis 1947 befanden sich elf dieser zwölf Scheiben im dortigen Schützenhaus im Hau (vgl. dazu TG_82). Bei der Aufgabe ihres 1682 erbauten Schützenhauses überführte die Gesellschaft den Zyklus beziehungsweise die davon noch erhaltenen Stücke demnach an ihren damals neu bezogenen Standort. 1947 gelangten dann die übrig gebliebenen Werke vom Schützenhaus im Hau in die Schützenstube des Hotels Bahnhof in Weinfelden und später von dort ins Rathaus.
Die Scheibe wird genannt in:
Bornhauser, 1922, S. 32, 34–36, 43.
Keller-Hürlimann, 1927, Vorwort.
Keller, 1931, S. 115f.
Rickenmann, 1940, S. 51, Taf.-Abb.
Brüllmann, 1947, S. 177–184, Abb. 10.
Das Rathaus Frauenfeld, 1983, S. 39.
Lei, 1983, S. 413.
Holenstein, 2002, S. 39.