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TG_1681: Wappenscheibe Matthias Stähelin, Abt Kloster Fischingen
(TG_Fischingen_Benediktinerstift_TG_1681)

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Titel

Wappenscheibe Matthias Stähelin, Abt Kloster Fischingen

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Erhart, Tobias · signiert
Datierung
1606
Masse
40.4 x 29.5 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Im Zentrum steht vor farblosem Grund der gevierte Wappenschild des Fischinger Abtes Matthias Stähelin mit Inful und Pedum. Zu beiden Seiten davon befinden sich in doppelstöckigen Nischen je zwei Heilige. Auf der linken Seite sind es der Klosterpatron Johannes der Täufer (oben) und der Apostel Matthias (unten), Stähelins Namenspatron, sowie auf der rechten zwei ergänzte Figuren, nämlich Johannes Evangelist, ebenfalls Patron von Fischingen (oben), und die hl. Katharina (unten). Im Oberbild über dem Gebälk sind Szenen aus der Legende der hl. Idda festgehalten. Im Bilde links wird geschildert wie ein Jäger des Toggenburger Grafen den Ring von dessen Gemahlin Idda im Nest des Raben findet. Daneben ist deren Wiederentdeckung in der Rabensteinschlucht festgehalten, wo sie nach der Verstossung durch ihren Mann von der Welt abgeschieden ein gottseliges Leben in einer Höhle führte. Die Szene rechts zeigt die hl. Idda in Begleitung des Hirsches auf ihrem allmorgendlichen Gang zur Mette in der Klosterkirche zu Fischingen. Den Scheibenfuss füllt die Inschriftenkartusche.

Iconclass Code
11H(JOHN THE BAPTIST) · Johannes der Täufer; mögliche Attribute: Buch, Schilfkreuz, Taufgefäß, Honigwabe, Lamm, Stab
11H(JOHN) · Johannes der Evangelist, Apostel; mögliche Attribute: Buch, Kessel, Kelch mit Schlange, Adler, Palme, Schriftrolle
11H(MATTHIAS) · der Apostel und Märtyrer Matthias; mögliche Attribute: Axt, Buch; Kreuz, Hellebarde, Schriftrolle, Schwert
11HH(CATHERINE) · Katharina von Alexandrien, jungfräuliche Märtyrerin; mögliche Attribute: Buch, Krone, Kaiser Maxentius, Palmwedel, Ring, Schwert, Rad
11HH(IDDA) · weibliche Heilige (IDDA)
44A1(+6) · Wappen (als Staatssymbol etc.) (+ Kirche, Kloster; ekklesiastische Gemeinschaft)
46A122(STÄHELIN) · Wappenschild, heraldisches Symbol (STÄHELIN)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Stähelin, Matthias: Geviert, 1 und 4 in Blau zwei übereinander vorbeischwimmende silberne Fische (Kloster Fischingen), 2 und 3 in Rot gespannte, goldene Armbrust mit goldenem Pfeil, beseitet von zwei golden besamten, silbernen Rosen mit goldenen Kelchblättern (Stähelin); anstelle von Helm und Helmzier: goldene Mitra mit grünen Infuln, goldenem Pedum und silbernem Panisellus.

Inschrift

Mathias von Gottes gnaden / Abbte deβ wurd[i]gen Gotzhaus Fisch / ingen. 1606

Signatur

TE

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Mehrere neue Ergänzungen, darunter die beiden Heiligenfiguren auf der rechten Seite; Schwarzlotverluste; Sprünge und Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit beidseitigem Ausschliff und rosa Überfangglas mit vorderseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer, grüner und violetter Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Matthias Stähelin (†1636) war bis 1604 Prior und ab diesem Jahr bis zu seiner Resignation 1616 Abt des Benediktinerklosters Fischingen. Er setzte den Reformkurs seines Vorgängers Benedikt Rennhas fort, unterhielt eine Klosterschule, richtete eine Bibliothek im Kloster ein und schaffte eine grosse Orgel für die Kirche an. Sowohl Stähelin als auch der Konvent pflegten nach Ansicht der Visitatoren jedoch zu enge Beziehungen zur Umwelt, statt sich völlig dem inneren Leben des Klosters zu widmen. 1616 resignierte Stähelin deswegen, lebte aber noch zwanzig Jahre als Mönch im Kloster bis er 1636 verstarb (Meyer, 1976, S. 121f.; Meyer, 1986, S. 701).
In den bald nach Amtsantritt errichteten Bibliotheksraum stiftete der Rheinauer Abt Gerold Zurlauben 1606 eine Scheibe (Knoepfli 1955; S. 83). Man kann sich deshalb fragen, ob Stähelin eines seiner beiden heute im Kloster Fischingen befindlichen Glasgemälde (TG_101, TG_1681) damals gleichfalls für dort anfertigen liess. Ein zweiter möglicher Bestimmungsort ist der in jener Zeit erneuerte Kreuzgang des Zisterzienserinnenklosters von Magdenau (Kanton St. Gallen). 1607 stiftete der St. Galler Abt Bernhard Müller ein ebenfalls bei Tobias Erhart in Auftrag gegebenes Glasgemälde dorthin (Anderes, 1994, Nrn. 10, 11).
Verschollen ist die 1610 datierte, dem Wiler Glasmaler Hans Melchior Schmitter zugeschriebene Wappenscheibe Stähelins, die sich vormals in Berliner Privatbesitz befand (49 x 38.5 cm; SNM Zürich, Foto 22996; Boesch, 1949, Nr. 23; Boesch, 1950, S. 87f., Fig. 84). Diese Wappenstiftung Stähelins ist genau gleich gestaltet (Wappen, Figuren, Rahmung) wie die vorliegende. Ähnlich komponiert ist gleichfalls das unsignierte Glasgemälde Matthias Stähelins von 1606 in der Kirche St. Catherine zu Birtles in England (Boesch, 1953).

Die Scheiben Stähelins zeigen jeweils vier Heiligenfiguren. Bei der vorliegenden, von Tobias Erhart signierten Scheibe sind nur die linken beiden Figuren, Johannes der Täufer und der Apostel Matthias, original. Auf der ebenfalls von Erhart signierten Scheibe Stähelins von 1606 (TG_101) sind nur die unteren, Johannes der Täufer und die hl. Katharina original. Auf der Scheibe von 1610 sind wahrscheinlich alle Figuren original: oben links Johannes der Täufer, rechts Johannes der Evangelist, unten links der Apostel Matthias und rechts die hl. Katharina. Demnach entsprachen bei vorliegender Scheibe die heutigen ergänzten Stücke mit den Figuren des Johannes Evangelist und der hl. Katharina der ursprünglich vorhandenen Darstellung. Während zur Gründungszeit Maria die Patronin des Klosters Fischingen war, wurde später (ab 12. Jh.?) Johannes der Täufer Mitpatron. Zu Beginn des 17. Jh. wurden dann Johannes der Täufer und Johannes Evangelist als Patrone des Klosters Fischingen genannt. Die im Oberbild dargestellte hl. Idda trat seit der Gründung der Idda-Bruderschaft 1580 immer stärker in den Vordergrund und wurde Kirchen- und Klosterpatronin genannt. Ende des 17. Jh. wird dann neben Maria die hl. Idda zur eigentlichen Klosterpatronin (Meyer, 1976, S. 135f.) Die hl. Katharina erhielt 1637 unter Abt Placidus Brunschwiler eine Kapelle in Fischingen (Knoepfli, 1955, S. 83) und kam auf dessen Wappenscheiben wiederholt zur Darstellung. Offenbar war die Heilige bereits davor, unter Abt Matthias Stähelin, für Fischingen bedeutsam.

Nach demselben Schema mit den vier Heiligenfiguren ist auch die Scheibe des Fischinger Abtes Benedikt Rennhas von 1602 (TG_1680) aufgebaut. Als Heilige erscheinen die beiden Johannes, der hl. Benedikt und die hl. Anna. Das Oberbild mit der mit der hl. Idda ist identisch wie auf Stähelins Scheibe von 1605 (TG_101) gestaltet. Rennhas' Scheibe ist ebenfalls Tobias Erhart zuzuweisen.

1932 befand sich die vorliegende Scheibe in der Kanzlei im Kloster Fischingen (Ackermann, 1932), spätestens seit 1993 befindet sie sich in einem der Fenster der Abtskapelle (Schildknecht 1993).

Die Scheibe wird genannt in:
Ackermann, 1932, S. 14, 99.
Henggeler, 1938, S. 31.
Boesch, 1949, S. 28 (Nr. 23).
Boesch, 1950, S. 88.
Hartmann, 1953, S. 25, Nr. 35.
Knoepfli, 1955, S. 215f., Nr. 1.
Boesch, 1955, S. 20.
Barockes Fischingen, 1991, S. 272–274.
Anderes, 1994, S. 199, Nr. 11 (Abb.).
Anderes, 1995, S. 101 (Abb.).
Allgemeines Künstler-Lexikon, 2002, S. 326.

Datierung
1606
StifterIn

Stähelin, Matthias († 1636), Abt Kloster Fischingen

Herstellungsort
Eigentümer*in

Verein Kloster Fischingen

Bibliografie und Quellen

Literatur

Ackermann, A. (1932). Das Benediktiner-Kloster Fischingen einst und jetzt. Fischingen, Verlag der Waisen- und Erziehungsanstalt St. Iddazell.

Allgemeines Künstler-Lexikon (2002), Bd. 34. München, Leipzig: K.G. Saur.

Anderes, B. (1994). Stifterscheiben in und aus Magdenau, Festschrift Kloster Magdenau 1244–1994. Festschrift. Wolfertswil: Zisterzienserinnenkloster Magdenau.

Anderes, B. (1995). Tobias Erhart (1569–1611) ein Winterthurer Künstler in Magdenau – Maler, Glasmaler, Ofenmaler. Toggenburger Annalen, Bd. 22.

Barockes Fischingen. Ausstellung zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten am Kloster Fischingen 1980–1991. Katalog (1991). Fischingen: Verein St. Iddazell.

Boesch, P. (1949). Die Wiler Glasmaler und ihr Werk. 89. Neujahrsblatt Historischer Verein des Kantons St. Gallen.

Boesch, P. (1950). Miscellanea. Abtscheibe Fischingen 1610. Schweizer Archiv für Heraldik, Bd. 64, Heft 2–3.

Boesch, P. (1953). Schweizerische Glasgemälde im Ausland. Sammlungen in England. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 14, Heft 2, S. 98f.

Boesch, P. (1955). Die alten Glasmaler von Winterthur und ihr Werk. 286. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur. Winterthur: Gemsberg-Druck.

Henggeler, R. (1938). Zur Ikonographie der hl. Idda von Toggenburg. Anzeiger für Schweizerischen Altertumskunde, Bd. XXXX, Heft 1.

Knoepfli, A. (1955). Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau. Bd. II: Der Bezirk Münchwilen. Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Basel: Birkhäuser Verlag.

Meyer, B. (1976). Die Äbte des Klosters Fischingen. Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Bd. 113, S. 95–136.

Meyer, B. (1986). Fischingen, Benediktiner. In E. Gilomen-Schenkel (Red.). Frühe Klöster, die Benediktiner und Benediktinerinnen in der Schweiz. Helvetia Sacra (HS), Abteilung III: Die Orden mit Benediktinerregel, Bd. 1 (S. 672–710). Bern: Francke Verlag.

Weiteres Bildmaterial

Schweizerisches Nationalmuseum Zürich, Foto 22996 · Amt für Denkmalpflege Thurgau (Foto Tschopp, Wil)

Bildinformationen

Name des Bildes
TG_Fischingen_Benediktinerstift_TG_1681
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2018
Copyright
© Benediktergemeinschaft Kloster Fischingen
Eigentümer*in

Verein Kloster Fischingen

Inventar

Referenznummer
TG_1681
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2020; Sarah Keller 2020

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema