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TG_28: Bildscheibe zum Gedenken an Eberhard von Bichselsee mit Muttergottes und dem Amplexus
(TG_Frauenfeld_HistMuseum_TG_28)

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Titel

Bildscheibe zum Gedenken an Eberhard von Bichelsee mit Muttergottes und dem Amplexus

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Bluntschli, Niklaus · signiert
Datierung
1558

Ikonografie

Beschreibung

In der Mitte erscheint die Strahlenkranzmadonna in weisser Kleidung und blauem Mantel mit dem Jesusknaben. Zu ihren Seiten befinden sich links der Schild mit dem gevierten Wappen von Kappel sowie rechts dasjenige von Bichelsee. Neben den Wappenschilden knien links der hl. Bernhard, dem sich Christus vom Kreuz entgegenbeugt, um ihn zu umarmen (sog. Amplexus), und rechts der Klostergründer Eberhard von Bichelsee. Am unteren Rand entrollt sich ein Schriftband, dem in der Mitte eine Kartusche mit dem Monogramm Niklaus Bluntschlis aufgesetzt ist. Seitlich begrenzen zwei Pfeiler mit vorgestellten Halbsäulen die Scheibe. Darauf sitzt je ein musizierendes Fabelwesen mit Flügeln und Bocksfüssen. Im Hintergrund ist eine Landschaft mit Alpenpanorama dargestellt. Das Hauptmotiv bildet darin die wohl auf die Burg Bichelsee anspielende Hügelfestung mit der daneben in Trompe-l'œil-Manier festgehaltenen Fliege.

Iconclass Code
11F4 · Madonna; d.h. Maria mit dem Christuskind
11F4135 · Marianum: Madonna in einer Aureole oder Mandorla (von einem Rosenkranz umgeben), Maria in einer Glorie
11H(BERNARD)344 · der hl. Bernhard von Clairvaux kniet vor einem Kruzifix; Christus hat seine Arme gelöst und beugt sich zu Bernhard hinunter, um ihn zu umarmen (amplexus)
41E2 · Trompe l'oeil
44A1(+6) · Wappen (als Staatssymbol etc.) (+ Kirche, Kloster; ekklesiastische Gemeinschaft)
46A122(BICHSELSEE VON) · Wappenschild, heraldisches Symbol (BICHSELSEE VON)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Kloster Kappel: Geviert, 1 und 4 in Schwarz ein silbern-rot geschachter Rechtsschrägbalken (Cîteaux), 2 und 3 in Gold schwarze Schildbeschläge (von Eschenbach); Helm: blau; Helmdecke: silbern und schwarz; Helmzier: fehlend (Flickstück).
Wappen Bichselsee, Eberhard von: In Rot silberner Balken; Helm: blau; Helmdecke: rot und silbern; Helmzier: zwei rote Hörner mit silbernem Balken.

Inschrift

[Ritter E]berhart von Bichelsee fůndator d[e]s Gotzh[uss Tän]igka [15]58

Signatur

NB

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Zahlreiche alte Flickstücke; Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
1941 Karl Ganz, Zürich.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; blaues und rotes Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb und Eisenrot.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die vorliegende Scheibe ist eine Gedenkscheibe zu Ehren des Eberhard von Bichelsee (1209–1259), der um 1249 zusammen mit seinem Sohn Eberhard (belegt bis 1287) das Zisterzienserinnenkloster Tänikon gegründet hatte. Die von Bichelsee waren ein thurgauisches Ministerialen des Fürstabts von St. Gallen (Leonhard 2002). Wahrscheinlich stiftete die Äbtissin Sophia vom Grüth (†1579), unter deren Regentschaft der Kreuzgang mit Glasmalereien ausgestattet wurde, die Gedenkscheibe des Klostergründers.
Neben dessen Wappen von Bichelsee auf der rechten Seite befindet sich links dasjenige der Zisterzienserabtei Kappel, das bis zur Reformation (1524) die Aufsicht über das Kloster Tänikon ausgeübt hatte (Rahn/Nater, 1906, 156; Meyer-Marthaler, 1982, 917–918). Der gevierte Schild enthält die Wappen des Zisterzienserordens (Cîteaux) und der Familie von Eschenbach, welche die Abtei von Kappel gestiftet hatte.
In der Bildmitte steht die Klosterpatronin, die Gottesmutter mit dem Jesuskind. Neben dem Schild von Kappel kniet der hl. Bernhard von Clairvaux, der mythische Gründer des Kloster von Tänikon (Rahn/Nater, 1906, 36–37; Meyer-Marthaler, 1982, S. 917).

Der 1508 errichtete Kreuzgang des Zisterzienserinnenklosters von Tänikon mit seinen 22 Rundbogenfenster wurde in mehreren Etappen mit zahlreichen Glasgemälden ausgestattet. Eine erste Serie datiert in die Jahre 1558/1559. Die meisten dieser rund 20 Scheiben sind vom Zürcher Glasmaler Niklaus Bluntschli signiert. Eine einzelne Scheibe trägt das Monogramm Jos Murers.
Die zweite Serie stammt aus den Jahren 1563–1565 und umfasst mindestens 5 Scheiben. Eine davon trägt das Monogramm des Glasmalers Hans Füchslin. In den Jahren von 1585–1610 wurden weitere 11 Scheiben gestiftet. Nach 1610 gelangten weitere Glasgemälde nach Tänikon, die dort allerdings nicht mehr im Kreuzgang, sondern andernorts zur Aufstellung kamen (u.a. im Refektorium) (Rahn/Nater 1906, S. 17f., 426–439; Boesch, 1943).
Insgesamt 37 Scheiben aus dem Kreuzgang von Tänikon kaufte 1832 Johann Nikolaus Vincent aus Konstanz, in dessen Sammlung sie bis 1891 verblieben. In diesem Jahr verkauften Vincents Erben die Sammlung, und heute sind die noch auffindbaren Tänikoner Scheiben auf mehrere Institutionen verteilt (Schweizerisches Nationalmuseum, Historisches Museum Thurgau, Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Musée Ariana Genf, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Museum Heylshof Worms, Historisches Museum Luzern).
Wie die meisten der Scheiben von 1558/59 im Kreuzgang von Tänikon entstand die Gedenkscheibe in der Zürcher Werkstatt Niklaus Bluntschlis. Eine neuzeitliche Kopie der vorliegenden Scheibe befindet sich beim Südeingang der Kirche von Tänikon.

Die Scheibe wird genannt in:
Rahn, 1890, Nr. 75.
Heberle, 1891, Nr. 69.
Rahn/Nater, 1906, S. 17f., 426–439, spez. S. 433, Nr. 20.
Boesch, 1943, S. 28, Abb. 3.
Knoepfli, 1950, S. 390.
Schneider, 1980, S. 267.
Naegeli, 1981, S. 92, Nr. 66 (Abb.).
Früh, 2001, S. 78.
Zehnder, 1992, S. 25, 95–99, Abb 38.

Datierung
1558
StifterIn

Grüth, Sophia vom (?)

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1955 Historisches Museum Thurgau

Vorbesitzer*in

1832–1891 Sammlung Johann Nikolaus Vincent, Konstanz · Seit 1891 Bundesrichter Jakob Huldreich Bachmann (1843–1915), Schloss Frauenfeld

Inventarnummer
T 6454

Bibliografie und Quellen

Literatur

Boesch, P. (1943). Die Glasgemälde aus dem Kloster Tänikon. Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XXXIII, H. 3.

Früh, M. (2001). Führer durch das Historische Museum des Kantons Thurgau (2. Auflage 2001). Frauenfeld.

Heberle, J.M., Köln (1891). Katalog der reichhaltigen Kunst-Sammlung der Herren C. und P.N. Vincent in Konstanz am Bodensee. Versteigerung zu Konstanz am Bodensee, den 10. September 1891. Köln.

Knoepfli, A. (1950). Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Bd. I: Der Bezirk Frauenfeld. Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Basel: Verlag Birkhäuser.

Leonhard, M. (2002). Von Bichelsee. In Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). Abgerufen von https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/020198/2002-10-07/

Meyer-Marthaler, E. (1982). Tänikon, Zisterzienserinnen. In C. Sommer-Ramer und P. Braun (Red.). Die Zisterzienser und Zisterzienserinnen, die reformierten Bernhardinerinnen, die Trappisten und Trappistinnen und die Wilhelmiten in der Schweiz. Helvetia Sacra (HS), Abteilung III: Die Orden mit Benediktinerregel, Bd. 3, Zweiter Teil (S. 917–950). Bern: Francke Verlag.

Naegeli, M. u.a. (1981). Zürcher Kunst nach der Reformation. Hans Asper und seine Zeit. Ausstellungskatalog Helmhaus Zürich, 9. Mai bis 28. Juni 1981. Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft.

Rahn, J.R. (1890). Die schweizerischen Glasgemälde der Vincentschen Sammlung in Constanz. Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XXII, Heft 6.

Rahn, J.R., Nater, J. (1906). Das ehemalige Frauenkloster Tänikon im Thurgau. Kunstgeschichtliches von Prof. Dr. J.R. Rahn, Die Geschichte des Stiftes von Joh. Nater. Zürich: Buchdruckerei Berichthaus.

Schneider, J. (1980). Farbenprächtige Glasmalerei aus dem Kanton Thurgau. In Von Farbe und Farben. Albert Knoepfli zum 70. Geburtstag. Zürich: Manesse.

Zehnder, H. (1992). Tänikon 789–1989. Tänikon: Katholische Kirchgemeinde Tänikon.

Weiteres Bildmaterial

Schweizerisches Nationalmuseum Zürich, Foto 6187 und 35907

Bildinformationen

Name des Bildes
TG_Frauenfeld_HistMuseum_TG_28
Fotonachweise
© Historisches Museum Thurgau
Aufnahmedatum
2018
Copyright
© Historisches Museum Thurgau
Eigentümer*in

Seit 1955 Historisches Museum Thurgau

Inventar

Referenznummer
TG_28
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2020; Sarah Keller 2020

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema