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BE_61: Standesscheibe Bern
(BE_Bern_Nydeggkirche_Bern_1668)

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Titel

Standesscheibe Bern

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Güder, Hans Jakob · signiert
Datierung
1668
Masse
65 x 66.3 cm im Licht
Standort
Lage
Fenster im Pfarrerzimmer
Inventar

Ikonografie

Beschreibung

Im Vordergrund einer lichtdurchfluteten Hallenarchitektur prangt die auf blauen Fliesenboden stehende, von der Reichskrone überhöhte Wappenpyramide Bern-Reich. Sie wird von zwei prachtvollen, langmähnigen Löwen präsentiert, von denen der eine in der Vorderpranke das Reichsschwert, der andere den Reichsapfel hält. Dahinter erhebt sich auf dem zurückgesetzten Podium eine perspektivisch gestaltete monumentale Kirchenhalle in schillernden Farben. Ihr hinterer Abschluss bildet eine hohe Balustradenloggia, auf der sich König David als Harfenspieler mit vier weiteren Musikanten eingefunden hat. In dieser Loggia darf man eine Anspielung auf die 1668 in der Nydeggkirche eingerichtete Doppelempore ("Lettner") sehen. Das auf die Entstehung von Scheibe und Loggia Bezug nehmende Jahr ist an der schmalen Podiumsfront in grossen kunstvollen Ziffern festgehalten.

Iconclass Code
11I62(DAVID) · David (nicht im biblischen Kontext); mögliche Attribute: Krone, Harfe
25F23(LION) · Raubtiere: Löwe
25FF33(EAGLE)(+12) · Greifvögel: Adler - FF - Fabeltiere (+ Brust(kasten))
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
Iconclass Stichworte
Auge · David · Harfe · Krone · Loewe · Saeugetier
Heraldik

Wappen Bern, Reich

Inschrift

1668.
HGüder.

Signatur

HGüder

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Über die ganze Scheibe verstreut zahlreiche neue Ergänzungen (Reichsschild, die kannelierte Säule aussen links, weitere Stücke der Architektur etc.); ein kleines altes Flickstück neben dem Säulenkapitell oben rechts; zahlreiche geklebte Sprünge und etliche Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
1810/11: Anlässlich der damaligen Erneuerung von sechs Chorfensterflügeln werden darin zehn der alten durch Glasmaler Eggimann teilweise ausgebesserten Wappenscheiben eingesetzt.
1879 Johann Heinrich Müller und Adele Beck, Bern: Die Wappenscheiben der Nydegg werden damals durch Müller und "Fräulein" Beck mit grossem Geschick restauriert (Howald 1885).
2003 Martin Halter, Bern: Die beschädigte Standesscheibe Güders wird durch Martin Halter repariert: Sicherung der Gläser durch Einsetzen neuer Bleie, Entfernung alter Sprungbleie und stattdessen Anbringen von Sprungklebungen (vgl. dazu Dokumentation im Vitrocentre Romont).

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer, violetter und grüner Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Wegen Raumnot erfuhr die Nydeggkirche 1668 eine Erweiterung im Schiff und Chor. Hauptursache des vermehrten Platzbedarfs war offenbar der grosse Zulauf, den der Dekan Johann Heinrich Hummel bei seinen Predigten in der Nydeggkirche hatte (Hofer/Mojon 1969, S. 242, Anm. 5). Die damalige Haupterneuerung betraf den "Lättner", das heisst den Einbau einer Doppelempore vor der Nordwest- und Westwand (mit dem Standeswappen am Podest). Zugleich erhielt die Westfassade zwei Rundbogenfenster. Welch grosse Bedeutung die Berner Obrigkeit der Erweiterung der Kirche beimass, zeigt sich an den dort erhaltenen Wappengaben von 1668. Ausser der prächtigen Standesscheibe zählen dazu mehrere Glasgemälde von zum Teil hochrangigen Berner Amtsträgern, nämlich diejenigen der beiden Schultheissen, des Kirchmeiers und Altvenners Vinzenz Stürler, des Dekans Johann Heinrich Hummel und des Seckelmeisters (welscher Lande!) Emanuel Steiger. Hinzu kommen einige Scheiben, bei denen es sich allem Anschein nach nicht um Stiftungen von Amts-, sondern von Privatpersonen handelt. Dass der heute in der Nydeggkirche vorhandene Zyklus von 1668 ursprünglich umfangreicher war, belegen die damals von den Vennern Christoph von Graffenried und Sigmund von Erlach dorthin gemachten Wappengaben, die sich beide in Privatbesitz befinden (BE_1668, BE_60).

Die Berner Standesscheibe ist eine signierte Arbeit Hans Jakob Güders. Trotz ihrer zahlreichen Ergänzungen gehört sie zu den künstlerisch anspruchsvollsten Werken dieses Berner Glasmalers. Nach den Kirchmeierrechnungen des Jahres 1669 wurde Güder dafür und für die Wappenscheibe von Dekan Hummel mit 4 Dublonen entlohnt: "Hr. Hans Jacob Güder für das Bern-Rych 4 Duplonen und für Hr. Dekan Hummels Wappen" (Hofer/Mojon 1969, S. 270).
Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen sahen die Standesscheibe 1896 im Fenster links im Chor. Nach der grundlegenden zwischen 1951 und 1953 durchgeführten Kirchenrenovation wurde sie ins Pfarrerzimmer überführt.

Datierung
1668
StifterIn

Bern, Stand

Herstellungsort

Bibliografie und Quellen

Literatur

Johann Rudolf Rahn, Zur Statistik schweizerischer Kunstdenkmäler. IV. Canton Bern, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde Bd. IV, 1880–83, Zürich 1883, S. 184.

K. Howald, Der Zehntausend Ritter-Tag und das Zehntausend Ritter-Fenster im Berner Münster, in: Berner Taschenbuch 34, 1885, S. 136.

C. Howald, Historische Notizen über die Nydeck, in (Anhang): Orgelweihe in der Nydeckkirche, Sonntag den 13. Christmonat 1885, Bern 1886.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 45, 57.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 245.

Paul Hofer/Luc Mojon, Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, Bd. V, Basel 1969, S. 273, Abb.305.

Restaurierungsdokumentation Martin Halter 2002/03 (im Vitrocentre).

Berns mächtige Zeit. Das 16. und 17. Jahrhundert neu entdeckt (Berner Zeiten), Bern 2006, S. 153, Farbabb. 132.

Güder, Hans Jakob, in: Allgemeines Künstlerlexikon 64/2009, S. 343.

Quellen zur Restaurierung 1810/11: Manual Stadtrat: VII, S.409 (2.6.1810); VIII/1, S. 77 (22.10.1810); VIII, S. 106 (12.11.1810); VIII, S. 108 (29.1.1811); VIII, S. 313 (17.6.1811); Kirchmeierrechnung 12./19. September und 20. Dezember 1811 (dazu Hofer/Mojon 1969).

Weiteres Bildmaterial

Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse 3856 (3556?); SNM Zürich, Neg. 10001 (Chor: linkes Fenster, Hans Jakob Güder); Uldry, Bern (siehe Dokumentation, mit Kommentar "zu dunkel", "zu rot"); Arbeitsaufnahmen von Martin Halter, Bern

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Bern_Nydeggkirche_Bern_1668
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Nydegg Bern

Inventar

Referenznummer
BE_61
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema