Forschung
Emil Gerster sah die vorliegende Scheibe um 1892 noch links im südlichen Chorfenster der Kirche Aarberg. Er bezeichnet sie als "arg verflickt" und beschreibt ein links in der Mitte eingeflicktes kleines Wappen mit stehendem schwarzem Bär in gelbem Schild, "identisch mit dem Wappen Berni in Lauperswil". Dieses Wappen ist heute nicht mehr vorhanden. Die Scheibe enthält zahlreiche neuere Ergänzungen, die wohl 1894, als die Aarberger Glasgemälde ans Bernische Historische Museum gelangten, durch Johann Heinrich Müller eingesetzt wurden… Mehr
Emil Gerster sah die vorliegende Scheibe um 1892 noch links im südlichen Chorfenster der Kirche Aarberg. Er bezeichnet sie als "arg verflickt" und beschreibt ein links in der Mitte eingeflicktes kleines Wappen mit stehendem schwarzem Bär in gelbem Schild, "identisch mit dem Wappen Berni in Lauperswil". Dieses Wappen ist heute nicht mehr vorhanden. Die Scheibe enthält zahlreiche neuere Ergänzungen, die wohl 1894, als die Aarberger Glasgemälde ans Bernische Historische Museum gelangten, durch Johann Heinrich Müller eingesetzt wurden. Zu den damals eingefügten Ergänzungen gehören auch Gläser im Banner. Einiges spricht dabei dafür, dass der Restaurator das Banner nicht korrekt erneuerte. Die beiden parallel nebeneinander ins rote Feld gesetzten weissen Kreuze muten verdächtig an und Ludwig Gerster sah um 1892 "eine Fahne mit dem weissen Kreuz". Dabei vermutete er, dass es sich um einen eidgenössischen Bannerträger handelt (Gerster, nach 1892). Dies wäre jedoch sehr ungewöhnlich und zudem bliebe dabei unklar, wer die Scheibe gestiftet haben könnte. Ein rotes Banner mit freistehendem weissen Kreuz lässt sich mit keiner bekannten Herrschaft verbinden. Die Frage nach der Identität des Bannerträgers muss somit zwar offen bleiben. Vielleicht lässt sich das ursprünglich wohl ein einziges kleines weisses Kreuz enthaltende rote Banner dieser Scheibe aber zumindest im Sinne eines alteidgenössischen Auszugsfähnleins deuten. Solche Auszugsfähnlein, welche die der Haupttruppe beigesellten kleineren Mannschaftskontingente der einzelnen eidgenössischen Stände auf den Kriegszügen ausserhalb des eigenen Territoriums als untergeordnetes Feldzeichen mitführten, waren jeweils in den geteilten Standesfarben gehalten sowie zusätzlich mit einem weissen Kreuzlein belegt (Galliker 2013, S. 72f.).
Nicht identifizieren liess sich bislang auch das Wappen in den Schilden, welche die beiden Engel in den oberen Bildecken halten. Dieses zeigt in Schwarz eine eingebogene goldene Spitze, belegt mit einem schwarzen Flügel und begleitet von zwei goldenen Sternen. Von den beiden schildhaltenden Engeln ist zwar keiner original. Derjenige in der rechten Ecke wurde aber zweifelsohne durch Hans Ulrich I. Fisch um 1620 erneuert (s. u.).
Im Jahr 1576 stifteten der Stand Bern (BHM Bern, Inv. 1892), die Stadt Biel (BHM Bern, Inv. 1890, 1891), die Stadt La Neuveville (verschollen; vgl. Gross/Schnider 1914) sowie der Landvogt von Aarberg Beat Ludwig von Mülinen (BHM Inv. 1888, 1889) je eine Doppelscheibe in die Kirche Aarberg. Diese wurden ursprünglich von Thüring Walther, Jakob Herold und Abraham Bickhart geschaffen. Ob einer dieser drei Glasmaler auch die vorliegende Scheibe schuf, lässt sich nicht mehr feststellen. Denn, wie die Scheiben Berns und Biels, wurde sie wohl um 1621 aufgrund von Unwetterschäden stark ergänzt oder sogar grundlegend erneuert. Wie die engen stilistischen Parallelen zur laut Inschrift 1621 durch Hans Ulrich I. Fisch erneuerten Bieler Standesscheibe (BHM Inv. 1890) nahelegen, überarbeitete dieser Aarauer Glasmaler auch die vorliegende Scheibe. Ob er sie nur ergänzte oder gänzlich erneuerte, lässt sich aufgrund der zahlreichen Ergänzungen des 19. Jahrhunderts nicht mehr feststellen. Dabei folgte Fisch aber sicherlich der älteren Komposition von 1576, wie die altertümliche Formensprache der Architektur, der im 17. Jahrhundert ausser Mode gekommene Damastgrund und die steifen Figuren belegen.
Sehr wahrscheinlich gehörte zur vorliegenden Scheibe wie bei den anderen Scheiben in Aarberg ein Pendant, das die Inschrift vervollständigt und den Stifter genannt hätte.
Weniger Datierung
1576/1621
Zeitraum
1576 – 1621
Ursprünglicher Standort
Eigentümer*in
Seit 1894 Bernisches Historisches Museum Bern (Besitz des Staates)
Vorbesitzer*in
Bis 1892 Kirche Aarberg – Bis 1894 Kunstmuseum Bern?
Inventarnummer
BHM 1893