Research
Anhand der Namen der Gerichtssässen geht Staatsarchivar Kurz davon aus, dass hier das Vogtgericht von Rohrbach dargestellt ist (Wegeli 1936). Rohrbach, das 1504 von Bern erworben wurde, behielt in der Folge zahlreiche Sonderrechte. Das Gericht Rohrbach bestand aus 12 Gerichtsherren und dem Weibel, der in Abwesenheit des Landvogts den Vorsitz führte. Die Verhandlungen wurden in einem Wirtshaus, in einer besonderen Gerichtsstube, abgehalten. Die ursprünglich als Zivilgericht geführte Institution wandelte sich mit der Zeit zu einer administrativen Behörde (Vorläufer des Gemeinderates), während die richterlichen Funktionen immer mehr dem Landvogt übertragen wurden (Kasser 1979, S. 24).
Die undatierte Fragmentscheibe muss zwischen 1683 und 1686 entstanden sein, da Beat Fischer 1680–1686 Landvogt zu Wangen war und 1683 die Herrschaft Reichenbach kaufte. Weibel war zu dieser Zeit Ulrich Rychiger, dessen Namenskartusche am unteren Rand der Scheibe beschnitten ist (Kasser 1979, Anm. 4 und 5).
Beat Fischer (23.5.1641–23.3.1698), Sohn Beat Fischers und Esther Tribolets, machte sich als Gründer der Post in der Stadt und Republik Bern einen grossen Namen. Der Grossrat (ab 1673) und Deutschseckelmeister (ab 1674) erhielt schon 1675 das auf seine Anregung geschaffene bernische Postregal für 15 Jahre verpachtet. Er führte das erfolgreiche Unternehmen zu einem der schnellsten Postdienste in Europa und wurde wegen seiner Verdienste für die Verbindungen zwischen Deutschland und Spanien von Kaiser Leopold I. 1680 geadelt. Der weitsichtige, diplomatische und innovative Berner war auch 1675–1685 Pächter des Waisenhauses in Bern, 1677 Herausgeber der ersten Wochenzeitung in Bern und Pächter der Münzanstalt (1678–1681). Ab 1695 diente Beat Fischer seiner Stadt als Kleinrat. 1667 hatte er in Bümpliz Euphrosina Wurstemberger (1650–1727), Tochter Hans Rudolf Wurstembergers und Euphrosina Fischers, geheiratet, die zwischen 1668 und 1687 acht Kinder zur Welt brachte (Wegeli, Jb. BHM 1936; HLS 4/2005, S. 529; Kessel 2015; www.deutsche-biographie.de).
Hans Jakob Wild (1638–1700), erwarb 1655 das bernische Burgerrecht und wurde 1677 Landschreiber zu Wangen. Er war seit 1660 mit Rosina Fasnacht (* 1643), Tochter Gabriels und Magdalena Tribolets verheiratet (Wegeli, Jahrbuch BHM Bern 1936; Kessel 2015).
Die Scheibe kann dem Aarauer Glasmaler Hans Ulrich III. Fisch zugeschrieben werden. Als stilistischer Vergleich bietet sich vor allem die etwas jüngere Gerichtsscheibe Gränichen im Bernischen Historischen Museum an (Inv. 14199).
Dating
um 1684/85
Period
1683 – 1686
Original Donor
Rohrbach, Gericht · Fischer, Beat, Landvogt zu Wangen · Wild, Hans Jakob, Landschreiber Wangen · Hermann, Ulrich · Wyss, Lorenz · Gruber, Abraham · Leu, Peter · Haas, Ulrich · May, Adam · Rüti, Hans · Beck, Hans · Leuenberger, Niklaus · Kneubühler, Ulrich
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Seit 1936 Bernisches Historisches Museum
Previous Owner
Bis 1936 Sammlung in England.
Inventory Number
BHM 25656