Vor blauem Damastgrund halten zwei auf Wiesenboden stehende, bleckende Löwen die bekrönte Wappenpyramide Bern-Reich.
25F33(EAGLE)(+12) · predatory birds: eagle (+ heraldic animals)
46A122 · armorial bearing, heraldry
Wappen Bern, Reich
Keine
Vor blauem Damastgrund halten zwei auf Wiesenboden stehende, bleckende Löwen die bekrönte Wappenpyramide Bern-Reich.
Wappen Bern, Reich
Keine
Ein altes Flickstück (das neben dem Bernschild erhobene Hinterbein des rechten Löwen); Spuren von Lochfrass; das Glas entlang der geklebten Sprünge z. T. verfärbt; Kaltretuschen; Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.
Restaurierungen
1976/77 Konrad Vetter, Bern: Restaurierung nach Anleitung von J. C. Ferrazzini, ETH Zürich. Reinigung; Entfernung verwitterter Glasschichten auf der Rückseite; Anbringen von Kaltretuschen (namentlich im Löwen des heraldisch rechten Bernschildes); stellenweise Festigung der lockeren Schwarzlotbemalung mit Klebstoff; Entfernung der meisten Sprungbleie und stattdessen Sprungklebungen; Anbringen einer Aussenschutzverglasung.
Farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot.
Laut der Publikation zur Dorfgeschichte von 2003 erhielt die Kirche bei bzw. nach der Renovation von 1528 von der Berner Obrigkeit die Standesscheibe sowie die bemalte Holztafel der Chordecke mit der Wappenpyramide Bern-Reich im Zentrum und dem kranzförmig darum angelegten Ämterwappenring (Abb. S. 83 in der Publ. von 2003). Auch Walter Senn (1977) ging davon aus, dass Bern die Scheibe anlässlich der Kirchenrenovation stiftete, als Dank dafür, dass die Gemeinde nach anfänglichen Widerstand die Reformation annahm. Stilistisch überzeugender ist jedoch die Ansicht Heinz Matiles (und Vetters), wonach es sich um eine Arbeit aus der Zeit um 1500 handle (Briefe bei den Unterlagen Matiles im BHM Bern). Nach Rücksprache mit Matile zog Senn deshalb in Betracht, dass die Berner Obrigkeit ihre Scheibe und eventuell auch den Ämterwappenring an der Chordecke anlässlich des 1504 erfolgten Kaufs von Eriswil und Rohrbach, d. h. bei ihrem Herrschaftsantritt stiftete (Brief Senns vom 15. 9. 1977; Senn 1978, S. 105).
Von Hans Lehmann wurde 1912 die Berner Standesscheibe dem Berner Glasmaler Urs Werder zugeschrieben (so auch Foto SNM Zürich). Urs Werder starb allerdings schon am 4. Juli 1499, so dass er für eine 1504 gestiftete Scheibe nicht mehr in Frage kommt. Zuschreibungen an Urs Werder erweisen sich zudem als sehr schwierig, da sich seine einzige signierte Standesscheibe, die er 1478 für den Freiburger Rat schuf, nicht als Vergleich anbietet. Er muss zudem eine grosse Werkstatt mit zahlreichen Gesellen unterhalten haben, die den Betrieb während seiner politisch bedingten Abwesenheit aufrechterhielten. Die Standesscheibe in Eriswil wirkt ausserdem altmodisch im Vergleich zu den Werder bislang zugeschriebenen Rundscheiben mit verschiedenen Wappenhaltern. Sehr eigentümlich sind im vorliegenden Werk vor allem die plumpen, steckenartigen Hinterläufe der Löwen. Darin ähnelt die Scheibe der um 1500 getätigten Wappenstiftung der Stadt Thun, die in der Kirche Hindelbank durch Brand 1911 zerstört wurde (Lehmann ASA 1913, S. 47, Abb. 3; Lehmann Hindelbank 1913, S. 7, Abb. 3). Lehmann schrieb diese Scheibe willkürlich Peter Streiff zu, der jedoch sicherlich kein Glasmaler war. Aufgrund der äusserst unsicheren Ausgangslage lässt sich die vorliegende Berner Scheibe bislang leider keinem bestimmten Meister zuschreiben.
Bern, Stand
Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Erstes Heft. Oberland und Emmenthal, Bern 1879, S. 110.
Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 62.
Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 234.
Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 14/1912, S. 300 (Urs Werder).
"Bern" und "Die Statt Hutwyll". Restaurierungsbericht zu zwei Standesscheiben aus der Kirche Eriswil, in: "Der Bund", 5. Juli 1977, S. 11 (Abb.).
Walter Senn, Die Glasmalereien in der Kirche Eriswil, in: "Unter-Emmentaler", 2. Sept. 1977, 92. Jahrgang, Nr. 35 (Abb.; hier um 1528 datiert).
Walter Senn, Über die Kirche Eriswil, in: Jahrbuch des Oberaargaus 21/1978, S. 104–107.
Jürg Schweizer, Kunstführer Emmental, Wabern 1983 (2. Aufl.), S. 200.
Eriswil. Dorfgeschichte, Gemeinde Eriswil 2003, S. 83 (Abb.).
Archivmaterial: Briefe u. Restaurierungsdokumentation in den Unterlagen von Heinz Matile, Bernisches Historisches Museum Bern (Kopien in Romont).
Vgl.
Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 15/1913 (ASA).
Hans Lehmann, Die zerstörten Glasgemälde in der Kirche von Hindelbank und ihre Beziehungen zur Familie von Erlach, in: Berner Kunstdenkmäler, Bd. 4, o. J. [1913].
Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. 4369, Neg. Howald, vor Rest. 1977: 07687, 07687/4c, 07687/5c, nach Rest. 1977: 07687/3c; SNM Zürich, Neg. 10056 (Urs Werder)