Im gevierten Schild vereint sind vermutlich zwei Wappen einer Allianz. Dasjenige in Feld 1 und 4 bezieht sich auf die ausgestorbene Stadtberner Familie Straeler (Strähler). Welches ihrer Mitglieder es hier repräsentiert, ist ungeklärt. Das andere Wappen ist dasjenige des aus dem Aargau gebürtigen habsburgischen Dienstmannengeschlechts der von Seengen, dessen männlicher Stamm mit Hans VI. von Seengen (vor 1466–1509/1512) ausstarb (Bosch 1931, S. 325). Eine seiner Töchter, Ursula († nach 1540), überlebte ihn aber rund 30 Jahre. Sie war mit Burkhard von Erlach (ca. 1472–1524) aus Bern verheiratet. Dass sie nach dessen Tod eine Ehe mit einem Angehörigen der Familie Straeler einging, ist zwar nicht dokumentiert, aber denkbar.
Diese Scheibe weist in ihrem stilistischen Gepräge ebenso wie diejenigen mit dem Wappen Englisberg in der Pérolles-Kapelle zu Freiburg und in Hillsborough (vgl. PB_14) in den Umkreis des Berner Glasmalers Hans Funk (Bergmann 2014). Sie dürfte denn auch von einem Meister aus Bern geschaffen worden sein (Caviness u.a. 1989).
Wie Zeiners Zyklus aus Baden befand sich die Scheibe vielleicht in der Chartreuse bei Hilterfingen, der 1819–1821 erbauten Sommerresidenz des Berner Staatsmanns Niklaus Friedrich von Mülinen (1760–1833). 1831 wurde die Chartreuse von Rudolf Emil Adolf de Rougemont (1805–1844) erworben, und zwar unter Einschluss der dortigen Scheibensammlung von Mülinens. Nach de Rougemonts Tod blieb dessen Witwe Adele von Bonstetten (1814–1883) bis 1863 dort wohnhaft. Damals übersiedelte sie ins Schloss Hünegg, das sie und ihr zweiter Gemahl Albert von Parpart (1813–1869) nahe der Chartreuse hatten errichten lassen. Zu den von ihnen damals von dort in die Hünegg übernommenen Glasgemälden könnte die vorliegende Scheibe gehört haben. Denkbar ist aber auch, dass sie erst nach 1863 in den Besitz des Paares gelangt ist. Beim Tode der Adele von Bonstetten war sie jedenfalls in der Hünegg, wurde sie doch von deren Erben Franz von Parpart, dem Neffen Alberts, 1884 von dort nach Köln an die Auktion bei J. M. Heberle überführt. Laut Johann Karl Bossard wurde die Scheibe bei der Auktion für 1220 Mark von einer nicht näher bekannten Person namens Sattler ersteigert. Sollte dieser ein Kunsthändler gewesen sein, könnte er damals die Scheibe allenfalls für Louis La Roche-Ringwald (1844–1921) aus Rheinfelden erworben haben, der zwischen 1880 und 1905 für sich eine grosse Glasgemäldesammlung zusammentrug (Schneider 1962, S. 51). Dazu zählte mit weiteren Stücken aus der Sammlung Parpart-Bonstetten nachweislich auch das Glasgemälde mit den Wappen Straeler und von Seengen. Nach dem 1962 erfolgten Verkauf der Sammlung La Roche durch dessen Nachkommen tauchte dieses in der Berner Galerie Stuker auf und von dort gelangte es an Sibyll Kummer-Rothenhäusler in Zürich, die es nach 1982 in die USA verkaufte.
Die Scheibe wird genannt in:
Heberle, 1884, S. 38, Nr. 526.
Bossard, 1884, Nr. 526.
Galerie Jürg Stuker, 1966, S. 158, Nr. 2727, Taf. 66 (Hans Funk).
Galerie Jürg Stuker, 1967, S. 206, Nr. 3827.
Kummer-Rothenhäusler, 1980, Nr. 51.
Caviness u. a., 1989, S. 96f., Abb. B.
Bergmann, 2014, Kat., S. 500.
Hasler, 2023, S. 47–49, Nr. 27, Abb. 3.
Vielleicht bis 1831 Niklaus Friedrich von Mülinen und bis 1863 Rudolf Emil Adolf de Rougemont bzw. Adele von Bonstetten, Chartreuse (Hilterfingen) · Seit oder nach 1863–1884 Albert von Parpart und Adele von Bonstetten, Schloss Hünegg (Hilterfingen) · 1884 Franz von Parpart bzw. Auktionshaus Heberle, Köln · 1884 Sattler · Seit oder nach 1884–1921 Louis La Roche-Ringwald (1844–1921), Rheinfelden · 1921–1962 René La Roche-Ringwald (1881–1943) und Nachkommen, Rheinfelden · 1966 und 1967 Galerie Stuker, Bern · nach 1967 Sibyll Kummer-Rothenhäusler, Zürich