Die vorliegende Stadtscheibe wurde 1517 zusammen mit fünf weiteren Glasgemälden, darunter eine des Spitals von Bischofszell, in die 1515 erneuerte Kirche von Sitterdorf geschenkt. Die engen Beziehungen der beiden unweit voneinander gelegenen Orte Bischofszell und Sitterdorf unterstreicht der Becher im Werte von 23 Gulden, den Walburga Henseler, die Witwe von Vitus Buckler aus Bischofszell, gemäss dem Jahrzeitbuch der Kirchgemeinde Sitterdorf damals ins dortige Gotteshaus vergabte (Lanker, 1993, S. 4).
Die fünf Glasgemälde wurden bei der Kirchenrenovation von 1813 vom Baumeister J.J. Zingg an den Chorherrn Hundbiss (Hundsbiss, Humpis, Humpiss) in Bischofszell verkauft (Bischofszeller Zeitung, 1884; Knoepfli, 1962). Das Schicksal von drei dieser Scheiben ist unbekannt. Die Stiftung der Stadt Bischofszell gelangte vor 1869 in die dortige katholische Kirche St. Pelagius (Muttergotteskapelle) (Kuhn, 1869, S. 41; Rahn, 1890, S. 64), diejenige des Heiliggeistspitals in Privatbesitz (Joachim Kreis, Zihlschlach). Letztere wurde 1922 auf der Auktion Helbing in Luzern verkauft. 1949 gelang es der Kirchgemeinde Bischofszell, auch sie zu erwerben. 1962 (Knoepfli, 1962, S. 506) befanden sich beide Scheiben in der Muttergotteskapelle der katholischen Kirche Bischofszell. Die Scheibe des Heiliggeistspitals wurde jedoch 1971 gestohlen (Knoepfli, Bericht, 22.10.1971). Eine Kopie derselben von 1890 befindet sich im Ortsmuseum Bischofszell. Die Stadtscheibe wird seit 1971 im Ortsmuseum Bischofszell aufbewahrt.
Albert Knoepfli vermutet, dass es der Konstanzer Glasmaler Ludwig Stillhart war, der im Auftrag der Stadt und des Spitals Bischofszell deren Scheiben 1517 für den damaligen Kirchenneubau in Sitterdorf herstellte. Stillhart ist der einzige in dieser Zeit für den Thurgau tätige Glasmaler, der namentlich belegt ist. Dessen Stil ist aber durch die Glasgemälde für das Rathaus von Ermatingen (TG_16, TG_17, TG_18, TG_19) bezeugt und unterscheidet sich von demjenigen der Stadtscheibe Bischofszell. Deren Schöpfer bleibt unbekannt.
Die Scheibe wird genannt in:
Kuhn, 1869, S. 41.
Bischofszeller Zeitung (1884). Beilage zu Nr. 147.
Büchi, 1890, S. 30.
Rahn/Haffter, 1899, S. 64.
Boesch, 1947, S. 58, Nr. 1.
Knoepfli, 1956, S. 8.
Knoepfli, 1962, S. 506f., Abb. 459.
Ortsmuseum Bischofszell, 1971, S. 33 (ausgestellt im Raum X).
Knoepfli, 1975, S. 31.
Reinhart, 1999, S. 42.
Bericht Knoepfli, 22.10.1971, Staatsarchiv Thurgau, Archiv Kunstdenkmäler, Bischofszell 2M.