Forschung
Jakob Moser (* 1648) war der zweite Sohn des Christian Moser und der Susanna Lohner in Thun. Wie das Wappen mit den über Kreuz dargestellten Glaserwerkzeugen Hammer, Lötkolben und Kröseleisen darlegt, war er Glaser von Beruf. Am 26. Juli 1669 vermählte er sich mit Katharina Lohner, einer Tochter des Spendvogts Jakob und der Anna Ritschard. Das Paar brachte sieben Kinder zur Taufe (Lohner 1822, Bd. L-S, S. 181).
Das Scheibchen kam zusammen mit elf weiteren kleinen Rundscheiben "meist aus Thun und dem Simmental" 1894 ins Bernische Historische Museum (von Rodt 1892, S. 129). Seine Grösse entspricht annähernd dem Format einer Butze. Das Glasgemälde war daher sicher mit anderen Rundscheiben in eine solche Butzenverglasung integriert.
Die Scheibe stammt von der gleichen Hand wie die ebenfalls 1670 datierte Rundscheibe Johannes Lohners und Magdalena Ritschards im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1929.9) sowie die in Privatbesitz befindliche Rundscheibe David Brunis und Verena Küngs (BE_9019). Möglicherweise wurden die drei Rundscheiben ursprünglich an denselben Ort gestiftet. Zu denken wäre dabei vor allem an das Schützenhaus Thun, das 1670 umgebaut wurde (Burgerarchiv Thun, Ratsmanual Nr. 5, BAT 56, S. 375 (1670); vgl. Lohner/Lohner, S. 273). Damalige Scheibenstiftungen in dieses Gebäude sind jedoch nicht belegt. 1807 wurde das alte Schützenhaus abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt (freundliche Mitteilung von Peter Küffer, Thun).
Da die drei Glasgemälde von Thuner Bürgern gestiftet wurden, liegt die Annahme nahe, sie könnten von einem Meister in Thun geschaffen worden sein. Um 1670 waren dort noch zwei Glasmaler tätig: Johann Jakob Tremp und Niklaus Murer. Aus der Hand Johann Jakob Tremps haben sich mehrere gesicherte Scheiben erhalten (vgl. seine Eigenstiftung 1692 und Wappenscheibe Karl Manuel im Schloss Thun, Inv. 1933 und 1363, oder Stadtscheibe Thun 1681 in der Reformierten Kirche in Steffisburg). Mit dem Werk Tremps teilt die vorliegende Scheibengruppe jedoch keine stilistischen Gemeinsamkeiten. Das Schaffen Niklaus Murers, der demnach als Hersteller der drei Rundscheiben in Betracht zu ziehen wäre, ist leider nur durch Einträge in den Thuner Seckelamtsrechnungen dokumentiert (1677, 1680, 1683, 1664?; vgl. Hofer 1902/03; Lohner/Lohner, S. 261, 288, 294). Eine Zuschreibung an diesen Thuner Glasmaler ist denkbar, bleibt aufgrund fehlender Vergleichsstücke aber leider hypothetisch.
Von der Scheibe existiert eine undatierte Pause Hans Drenckhahns in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont. Sie befindet sich in einer Mappe mit der Bezeichnung "Oberhofen".
Bärtige Engel sind in der christlichen Kunst höchst selten dargestellt. Ein solcher erscheint bei der Hirtenverkündigung auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald um 1515 im Unterlindenmuseum Colmar (Schmidt/Schmid 1981, Bd. 2, S. 274; Marquard 2009, S. 149). Denkbar ist, dass auf der vorliegenden Scheibe eventuell eine Verschmelzung der biblischen, meist bärtig dargestellten Figur Jakobs mit dem Engel stattfand. Jakob, der mit dem Engel rang und schliesslich von diesem nach langem Kampf gesegnet wurde, war Namenspatron des Stifters.
Datierung
1670
StifterIn
Moser, Jakob · Lohner, Katharina
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1894 im Bernisches Historisches Museum Bern
Vorbesitzer*in
Oberhofen? – Bis 1894 Kunstmuseum Bern
Inventarnummer
BHM 1929.4