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BE_999: Ämterscheibe Bern
(BE_Holligen_Schloss_1581)

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Titel

Ämterscheibe Bern

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Sybold, Samuel · zugeschr.
Datierung
1581
Masse
41.8 x 32 cm im Licht
Standort
Lage
Lunette über Eingangsportal
Inventar

Ikonografie

Beschreibung

Die vor blauen Damastgrund gesetzte Wappenpyramide Bern-Reich begleiten zwei Löwen, die gemeinsam die Reichskrone über dem auf dem Reichsschild stehenden Reichsapfel emporheben. Der Löwe links hält in seiner rechten Vorderpranke zudem das Reichsschwert. Das Stiftungsjahr ist zwischen beiden Bernschilden in eine violette Rollwerkkartusche mit Maskenschmuck eingeschrieben. Die zentrale Wappen- und Figurenkomposition wird von den folgenden namentlich bezeichneten 39 Berner Ämterwappen umkränzt (oben beginnend im Uhrzeigersinn): Thun, Zofingen, Aarau, Brugg, Lenzburg, Nidau, Büren, Aarberg, Erlach, Saanen, Landshut, Biberstein,Signau, Aarwangen, Wangen, Lausanne, Vevey, Avenches (Wiflisburg), Nyon, Morges, Moudon, Yverdon, Payerne, Oron, Romainmôtier, Aigle, Aarburg, Wiedlisbach, Huttwil, Trachselwald, Interlaken, Unterseen, Aeschi, Frutigen, Niedersimmental, Obersimmental, Hasli, Laupen und Burgdorf.

Iconclass Code
25F23(LION) · Raubtiere: Löwe
25F33(EAGLE)(+12) · Greifvögel: Adler (+ Wappentiere)
44A1(+3) · Wappen (als Staatssymbol etc.) (+ Provinz, Region; regional)
44B193 · Kugel (als Symbol der obersten Gewalt; mit einem Kreuz bekrönt)
45C13(SWORD) · Hieb- und Stichwaffen: Schwert
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Bern, Reich; Ämterwappen Thun, Zofingen, Aarau, Brugg, Lenzburg, Nidau, Büren, Aarberg, Erlach, Saanen, Landshut, Biberstein, Signau, Aarwangen, Wangen, Lausanne, Vevey, Avenches (Wiflisburg), Nyon, Morges, Moudon, Yverdon, Payerne, Oron, Romainmôtier, Aigle, Aarburg, Wiedlisbach, Huttwil, Trachselwald,Unterseen, Interlaken, Aeschi, Frutigen, Niedersimmental, Obersimmental, Hasli, Laupen, Burgdorf

Inschrift

1581.
Zoffinge, Arow, Brůck, Lentz / burg, Nidow, Büren, Arb[erg], Erlach, Sanen / vnd Ös[ch], Land / hůtt, Biberste[in], Signouw, Arwan / gen, Wagen, Losanna, Vivis, Wifflis / burg, Ney / vis, Mor / ges, Milden, Yfferden, Petter / linge, Oron, Romamo / stier, Aälen, Arburg, Wietli / spach, HuttWil, Drachsel / wal[d], Vnder / sewen, Jnderlaken, Esch, Fruti / gen, Nidersi / benthal, Obersiben / thal, Hasli, Loupen, Bůrg / dorf, Thůn.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Es handelte sich ursprünglich um eine hochrechteckige Ämterscheibe, deren vier zwickelförmigen Eckstücke nicht mehr erhalten sind (s. u.). Ein kleines Glasstück im Hinterbein des rechten Löwen und das daran angrenzende kleine Inschriftenstück ("Sige") neu ergänzt; zwei Sprünge und einige Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.
Restaurierungen
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dürften die kleinen Ergänzungen eingesetzt worden sein (das Foto des SNM Zürich zeigt an deren Stelle Klargläser).
2015 Daniel Stettler, Bern: Reinigung der Lünettenverglasung mit den darin eingesetzten drei Scheiben des 16. Jahrhunderts und Anbringung einer Schutzverglasung.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes und rosa Überfanglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb und blauer Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

In seinem Aufbau und in der Gestaltung der Hauptmotive (Löwen) entspricht das Glasgemälde Abraham Bickharts († 1577) Berner Ämterscheibenriss von 1576/77 in der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums (BHM Bern, Inv. 20036.580; Hasler 1996, Kat.-Nr. 199). Man darf Heinz Matile beipflichten, wenn er dieses direkt darauf zurückführt. Bickhart gestaltete seinen Entwurf allerdings hochrechteckig, indem er in den vier Eckfeldern um den ovalen Kranz mit den 39 Ämterwappen zusätzlich die von Windsköpfen angeblasenen Wappenschilde der vier Gemeinen Herrschaften Murten, Grasburg, Grandson und Orbe festhielt. Er schuf damit eine Komposition, an der sich die bernischen Glasmaler in der Folgezeit mehrfach inspirierten. In der gleichen Form gestaltete beispielsweise die Werkstatt Lohners in Thun die Berner Ämterscheibe, die sie 1627 für die Kirche in Kandersteg herstellte. Auch diejenige von Holligen muss ursprünglich hochrechteckig gewesen sein, das heisst in den verlorenen Eckfeldern die Wappen der vier Gemeinen Herrschaften enthalten haben.
Die Fenster- und Wappenschenkungen betreffenden Ausgabeposten in Berns Seckelmeisterrechnungen aus den Jahren von 1580 bis 1584 sind erstaunlich ausführlich gehalten. Sie belegen, dass der Rat damals etliche Fensterstiftungen machte und die Wappen dazu mehrheitlich durch Thüring Walther und Samuel Sybold ausführen liess (Benziger 1903/04, S. 198–201). Der Schreiber der Einträge legte dabei offenbar Wert darauf, die damals in Auftrag gegebenen Ämterscheiben besonders hervorzuheben. Unter dem jeweiligen Ausgabeposten hielt er in der Regel nämlich einfach ein Fenster oder ein Fenster mit "meiner gnädig Herren Ehrenwappen" fest. Dreimal notierte er jedoch ausdrücklich, dass es sich um eine Bernscheibe handelt, die auch die Wappen der deutschen und welschen (beziehungsweise nur der deutschen)Ämter zeigt. In allen drei Fällen ging die Bezahlung an Samuel Sybold († 1616), 1582 für das eine, von diesem nach Nidau gelieferte Stück, sowie 1583 für die beiden nach Büren und Gerlafingen (Kanton Solothurn) gestifteten Bernscheiben mit den Wappen der Landschaft. Damit spricht Vieles dafür, dass die 1581 entstandene Ämterscheibe in Schloss Holligen mit derjenigen identisch ist, die Berns Obrigkeit für einen unbekannten Bau in Nidau bei Sybold in Auftrag gab und 1582 bezahlte. Weil es von Sybold keine signierten oder durch Schriftquellen eindeutig für ihn gesicherten Scheiben gibt, lässt sich die Zuschreibung an ihn stilistisch allerdings nicht untermauern (die von ihm monogrammierten Scheibenrisse aus den Jahren von 1568–1574 bieten sich von ihren Motiven kaum zum Vergleich an; vgl. Hasler 1996, Kat.-Nrn. 234–252).

Die beim Haupteingang von Schloss Holligen in die Lünette eingefügte Ämterscheibe aus dem Jahre 1581 ist sicher mit derjenigen identisch, die sich laut Hans Lehmann 1938 in diesem Bau befand und aus dem Jahre 1587 datieren soll. Lehmann zufolge soll dieselbe aus dem Rathaus von Château d'Œx (Oesch) stammen. Lehmanns Angaben sind insofern widersprüchlich, als Bern nicht 1587, sondern 1581 wiederum durch Samuel Sybold ein Fenster mit Wappen für das Rathaus von Oesch ausführen liess. Weil es im Seckelmeistereintrag als Fenster mit meiner Herren Ehrenwappen angesprochen wird, hat man es dabei freilich nicht mit einer Ämterscheibe zu tun (Benziger 1903/04, S. 199).

Datierung
1581
StifterIn

Bern, Stand

Ursprünglicher Standort
unbekannt · Nidau?
Herstellungsort
Eigentümer*in

Stiftung zum Turm Schloss Holligen

Vorbesitzer*in

Sammlung von Mutach, Schloss Holligen (wohl identisch mit: Abraham Friedrich von Mutach, 1765–1831). – A. von Werdt, Schloss Holligen.

Bibliografie und Quellen

Literatur

Hans Lehmann, Sybold, Samuel, in: Ulrich Thieme/Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig, Bd. 32/1938, S. 359 (Samuel Sybold).

Heinz Matile, Berner Ämterscheiben, in: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums in Bern, Jg. 45/46, 1965/66, S. 52.

Vgl.

J.C. Benziger, Verzeichnis der Fensterschenkungen, welche in den Deutsch Seckelmeister-Rechnungen der Stadt Bern in den Jahren 1550–1600 vorkommen, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 5/1903–04.

Rolf Hasler, Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum, 2 Bde., Bern 1996/97.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich, Neg. 9934 (Samuel Sybold)

Vorlage

Nach Abraham Bickhart, Riss zu Berner Ämterscheibe, 1576/77, Blatt: 56,6 x 43,1, Bernisches Historisches Museum Bern (Inv. 20036.580)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Holligen_Schloss_1581
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Turmstiftung Schloss Holligen
Eigentümer*in

Stiftung zum Turm Schloss Holligen

Inventar

Referenznummer
BE_999
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016