Biographical Data
Der Seidenhändler und Kunstsammler Johann Nikolaus Vincent, geboren in Gressoney- Saint-Jean im Aostatal, machte seine Studien in Italien und Süddeutschland und trat 1807 in das Seidenwarengeschäft Zumstein & Cie. in Konstanz ein, in dem auch sein Bruder Joseph Anton Teilhaber war (Rahn, 1890, S. 180). Zunächst als Angestellter, später als Selbstständiger und Teilhaber der Handelsgesellschaft Zumstein hatte Vincent seinen Sitz in Konstanz, das im Schnittpunkt mehrerer Handelsrouten lag. Die Reisen zu den damaligen Textilproduktionswerkstätten liessen den Seidenhändler die ganze Ostschweiz durchqueren… More
Der Seidenhändler und Kunstsammler Johann Nikolaus Vincent, geboren in Gressoney- Saint-Jean im Aostatal, machte seine Studien in Italien und Süddeutschland und trat 1807 in das Seidenwarengeschäft Zumstein & Cie. in Konstanz ein, in dem auch sein Bruder Joseph Anton Teilhaber war (Rahn, 1890, S. 180). Zunächst als Angestellter, später als Selbstständiger und Teilhaber der Handelsgesellschaft Zumstein hatte Vincent seinen Sitz in Konstanz, das im Schnittpunkt mehrerer Handelsrouten lag. Die Reisen zu den damaligen Textilproduktionswerkstätten liessen den Seidenhändler die ganze Ostschweiz durchqueren. Bei dieser Gelegenheit kaufte er 1816 sein erstes Glasgemälde und setzte damit den Grundstein zu einer Sammlung, die im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer der bedeutendsten ihrer Art in Europa wurde.
Am 2. April 1833 mietete Vincent den neben dem Münster in Konstanz gelegenen Kapitelsaal, um seine Sammlungsstücke in einer permanenten und immer grösser werdenden Ausstellung dem interessierten Publikum zugänglich zu machen (Reiners-Ernst, 1956, S. 150–151). Wie etwa die «Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst» 1858 (S. 292) berichtete, war die Ausstellung nicht öffentlich zugänglich, aber «aus Gefälligkeit» zeigte sie Vincent bei Interesse persönlich. Ein grosser Teil der Sammlung befand sich ausserdem in Vincents Wohnhaus an der Kanzleistrasse 20 (Kraus, 1887, S. 282).
Nach Vincents Tod erweiterte sein Sohn Joseph (1826–1888) die fast 500 Glas- gemälde umfassende Sammlung um einige wenige Stücke. Er trug zu ihrer Bekanntmachung bei, indem er ausgewählte Stücke an der Wiener Weltausstellung 1873 sowie an der Schweizerischen Landesausstellung 1883 in Zürich zeigte. Rahn verfasste in der Folge einen Katalog mit 491 verzeichneten schweizerischen Glasgemälden, der 1890 in den «Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich» erschien. Sowohl bereits Johann Nikolaus als auch Joseph waren darauf bedacht, die Glasgemälde unverändert zu bewahren und sie nicht restaurieren oder ergänzen zu lassen. So wurden auch unvollständige, fragmentarische Scheiben in diesem Zustand belassen (Rahn,
1890, S. 182).
Beim Tod Joseph Vincents im Jahr 1888 gelangte die Sammlung an seinen Sohn
Constantino (†1916) und seinen Enkel Paolo Nicola (1861–1941), welche die Sammlung zwecks Erbteilung verkaufen wollten. Die Erbengemeinschaft beauftragte den Zürcher Kunsthändler Alphons Meyer mit der Auktion, die auf den 1. September 1890 in Konstanz angesetzt wurde (Catalog Meyer, 1890). Die schweizerischen Museen, darunter das Landesmuseum sowie die historischen Museen von Thurgau, St. Gallen, Basel, Luzern, Bern, Neuenburg und Genf, sowie die Eidgenössische Kommission für die Erhaltung schweizerischer Altertümer organisierten sich und versuchten, eine möglichst grosse Anzahl der Glasgemälde für ihre Sammlungen zu erwerben. Die Erben widerriefen aber die Versteigerung, weil sie hofften, die schweizerischen Glasgemälde als Gesamtbestand an den Bund verkaufen zu können. Der Preis war jedoch aus Sicht des Bundes zu hoch angesetzt. Die Auktion wurde um ein Jahr verschoben und fand schliesslich am 11. September 1891 im Kapitelsaal des Konstanzer Münsters statt. Unter grosser Aufmerksamkeit privater und im öffentlichen Auftrag tätiger Sammler aus dem In- und Ausland brachte das bekannte Kölner Auktionshaus Heberle & Lempertz die Sammlung unter den Hammer (Katalog Heberle, 1891; Durrer, 1948, S.126 und 164–165)(nach Keller, 2022, S. 42–44).
LessLiterature
Catalog der reichhaltigen Glasgemälde- und Kunst-Sammlung der Herren C. und P. N. Vincent in Constanz (1890). Versteigerung zu Constanz, den 1. September 1890 im Capitelsaal durch Alphons Meyer in Zürich. Konstanz.
Durrer, R. (1948). Heinrich Angst: erster Direktor des Schweizerischen Landesmuseums, britischer Generalkonsul. Glarus.
Katalog der reichhaltigen Kunst-Sammlung der Herren C. und P.N. Vincent in Konstanz am Bodensee (1891). Versteigerung zu Konstanz am Bodensee, den 10. September 1891, J… More
Catalog der reichhaltigen Glasgemälde- und Kunst-Sammlung der Herren C. und P. N. Vincent in Constanz (1890). Versteigerung zu Constanz, den 1. September 1890 im Capitelsaal durch Alphons Meyer in Zürich. Konstanz.
Durrer, R. (1948). Heinrich Angst: erster Direktor des Schweizerischen Landesmuseums, britischer Generalkonsul. Glarus.
Katalog der reichhaltigen Kunst-Sammlung der Herren C. und P.N. Vincent in Konstanz am Bodensee (1891). Versteigerung zu Konstanz am Bodensee, den 10. September 1891, J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne). Köln.
Keller, S. (2022). Ex situ – Die Sammlung Vincent und ihre Glasgemälde aus dem Thurgau. In Amt für Denkmalpflege des Kantons Thurgau (Hrsg.). Licht- und Farbenzauber : Glasmalerei im Thurgau. Basel: Schwabe Verlag. 46-67.
Kraus, F. X. (1887). Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 1): Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz. Freiburg i. Br.
Rahn, J.R. (1890). Die schweizerischen Glasgemälde der Vincentschen Sammlung in Constanz. Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. XXII, Heft 6.
Reiners-Ernst, R. (1956). Regesten zur Bau- und Kunstgeschichte des Münsters zu Konstanz. Lindau/Konstanz.
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