Von den auf der Scheibe mit ihren Wappen vertretenen Stiftern war Johannes Mesnang von 1511 bis 1546 Domherr zu Konstanz. Ein von ihm 1523 gestiftetes Glasgemälde ist im Besitz des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe (Schneider, 1950, S. 62, Taf. 39). Andreas Stein zum Rechtenstein findet sich mit seinem Wappen auf der 1556 von Bartholomäus Lüscher geschaffenen Konstanzer Kapitelscheibe, die sich ebenfalls im Museum von Karlsruhe befindet (Schneider, 1950, S. 68f., Taf. 50). Eberhard von Landau († 1543) ist 1520 als Domherr in Konstanz und in Brixen nachgewiesen (Kindler von Knobloch, Bd. II, 1905, S. 421–427; Maier, 1990, S. 71). Herkules Göldlin (1497–1544), der Sohn des Zürcher Ratsherrn Georg, wurde 1527 Domherr zu Konstanz, 1529 Domkapitular und 1539 Domkantor. Zudem war er seit 1531 Propst zu St. Pelagius in Bischofszell (Kindler von Knobloch, Bd. 1, 1898, S. 451; Kundert, 1974, S. 292;Maier, 1990, S. 70–73, 85). Friedrich von Hinwil († 1558), der Sohn des Gebhard, Herrn zu Greifenberg, war seit 1530 Domherr und seit 1532 Domkapitular in Konstanz. 1547 wurde er dort Domdekan und schliesslich Verwalter der Propstei (Kindler von Knobloch, Bd. 2, 1905, S. 181; Rott, 1925–1927, Teil II, S. 133; Kundert, 1974, S. 292; Maier, 1990, S. 70, 73). Hans Lyb (1494–1553), der Sohn des gleichnamigen Schaffhauser Magisters, war 1518 Probst zu Haslach und Chorherr zu St. Peter in Strassburg. Während der Reformation begab er sich nach Überlingen. In Konstanz war er seit 1533 Domkapitular und 1549 Kantor. 1553 wurde er päpstlicher Protonotar. In Schaffhausen besass er das Oberhaus, das er 1553 an Onophrion von Waldkirch, seinen Vetter, verkaufte (Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz, 4/1927, S. 781; Kundert, 1974, S. 292). Eine von ihm 1535 gestiftete Wappenscheibe gelangte 1912 in der Münchner Galerie Helbing zur Auktion (Helbing, 1912, Nr. 48, Abb). Im Helbing-Katalog wird dabei auf ein weiteres Glasgemälde Lybs verwiesen, das dieser 1537 in Auftrag gab. Albrecht von Breitenlandenberg († 1561) wurde in Konstanz 1522 Domherr und 1524 Domkapitular. Mit der Minorität des Kapitels zog er 1549 wieder nach Konstanz (Kindler von Knobloch, Bd. 2, 1905, S. 432; Rott, 1925–1927, Teil II, S. 133; Kundert, 1974, S. 292; Maier, 1990, S. 82, 86, 89, 94). Johann Melchior von Bubenhofen († 1559), 1525 Domherr in Konstanz und dort seit 1552 Propst zu St. Stephan, wurde 1550 Domkantor und 1552 Kustos (Kindler von Knobloch, Bd. 1, 1898, S. 173). Zu den von ihm bekannten Wappenstiftungen zählen die Scheiben, die er 1556 in Konstanz vom Berner Glasmaler Bartholomäus Lüscher für das Münster zu Reichenau Mittelzell und das nahebei gelegene Kloster Hegne ausführen liess (Rott, 1925–1927, Teil II, S. 132f., Taf. 62; Schneider, 1950, S. 67–69, Taf. 49/50). Georg Sigmund von Ems (1494–1547), der Sohn des Landsknechtsführers Mark Sittich von Ems (1466–1533), war von 1517 bis 1541 Chorherr am Stift in Lindau sowie Domherr zu Basel (ab 1514) und zu Konstanz (ab 1516), wo er von 1543 bis zu seinem Tod das Domdekanat verwaltete. Dank ihm blieb 1524 der zur Pfarrei Montlingen gehörende Reichshof Kriessern beim katholischen Glauben (Kindler von Knobloch, Bd. 1, 1898, S. 296; Burmeister, 1985, S. 135–150; Maier, 1990, S. 60, 71). Zwei der dreizehn Stifterwappen sind nicht identifiziert und bei den Wappen der Grafen und Herren von Pappenheim sowie der Boecklin von Eutingerthal bleibt zu klären, welche Person sie repräsentieren (Kindler von Knobloch, Bd. 1, 1898, S. 42f. und 136f.).
Kurz bevor die hier genannten Kapitelsangehörigen ihr Glasgemälde 1543 in Auftrag gaben, waren sie aus der Reichsstadt Überlingen, wohin sie sich nach dem Anschluss von Konstanz an die Reformation 1526 ins Exil begeben hatten, ausgezogen und ins österreichische Radolfzell übergesiedelt. Mit dem Konstanzer Bischof Johann von Weeze († 1548), der die Bistumsführung seit 1538 innehatte, waren sie damals in heftige Auseinandersetzungen verwickelt (Maier, 1990, S. 64–76).
Im Archiv des vormaligen Scheibenbesitzers gibt es eine alte Aufnahme des Glasgemäldes mit einer auf den Namen des Konstanzer Glasmalers Caspar Stillhart († 1548) lautenden Zuschreibungsnotiz. Von diesem weiss man, dass er kurz vor seinem Tod für einen Konstanzer Domherren – vermutlich für den mehrfach als Wappenstifter dokumentierten Johann Melchior von Bubenhofen (s.o.) – Glasgemälde auszuführen hatte (Rott, 1925–1927, Teil I, S. 28). Weil die Kapitelscheibe von 1543 in einzelnen Dekorationsmotiven (Kapitelle mit Kopfmedaillons) und in ihrer Figurengestaltung (seltsam gepresst wirkende Männergesichter) stilistische Gemeinsamkeiten mit Stillharts Arbeiten besitzt, erweist sich die Zuschreibung an ihn als vertretbar. Dagegen spricht auch nicht der Schweizerdolch, den ihr Schöpfer hinter die Stifterinschrift setzte. Das Dolchsignet führten im 16. Jahrhundert verschiedene Schweizer Künstler als Monogrammzusatz, zum Beispiel der Schaffhauser Glasmaler Felix Lindtmayer der Ältere (Hasler, 2010, S. 118, Abb. 173.2), der Berner Maler Niklaus Manuel (Niklaus Manuel, 1979, S. 44, Nrn. 77, 78, 92, 93, 295, 298, Abb. 152) oder sein auch als Glasmaler wirkender Sohn Hans Rudolf (Lehmann, 1925, S. 109, Abb. 31). Dass ebenfalls Caspar Stillhart dieses Signet verwendete, ist durchaus möglich, war doch die Stadt Konstanz bis zu ihrer Unterwerfung unter das Haus Habsburg-Österreich im Jahre 1548 mit den reformierten Orten der Eidgenossenschaft eng verbunden. Beachtung verdient diesbezüglich das Scheibenoberbild mit der auf dem Balkon versammelten vornehmen Gesellschaft, die vermutlich Angehörige der Konstanzer Oberschicht repräsentieren. Dasselbe ist analog komponiert wie das Oberbild der Stadtscheibe von Lausanne im Bernischen Historischen Museum, die 1539 in Bern von einem eng mit Hans Funk liierten Glasmaler für das dortige Zunfthaus zum Affen geschaffen wurde (BHM Bern, Inv. 14966; BE_903). Für das Oberbild seiner Scheibe stand Caspar Stillhart demnach möglicherweise eine aus der Berner Werkstatt Funks stammende Vorlage zur Verfügung. Als Vermittler in Frage käme dabei allenfalls der bereits genannte, von 1553 bis 1557 als Glasmaler in Konstanz tätige Bartholomäus Lüscher, der Sohn des Zofinger Glasmalers Moritz Lüscher und der Dorothea Funk, Hans Funks Tochter (Lehmann, 1945, S. 13–18).
Ähnlich komponiert wie das Glasgemälde von 1543 sind der Entwurf zu einer Konstanzer Domkapitelscheibe unbekannter Hand von 1593 in der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums (BHM Bern, Inv. 20036.214; Hasler, 1996/97, Bd. 2, Nr. 660) sowie die durch ein Foto des Schweizerischen Nationalmuseums dokumentierte, 1545 datierte Domkapitelscheibe (SNM Zürich, 27833). Ob es sich bei diesem mehrheitlich die gleichen Domherrenwappen wie die Stiftung von 1543 enthaltenden Glasgemälde um eine originale Arbeit des 16. Jahrhunderts oder eine neuzeitliche Kopie handelt, lässt sich anhand der Aufnahme nicht schlüssig beantworten.
Die Scheibe wird genannt in:
Früh, 1988, S. 155.
Hasler, 2010, Kat.-Nr. 185.
Koller, 2017, Lot 1006.
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