Forschung
1888 erhielt der grosse Bürgersaal drei grosse Glasfenster von Friedrich Berbig. Die Gestaltung des mittleren Fensters (TG_2105) gab Anlass zu Diskussionen. Berbig sah eine Wappenpyramide mit dem Stadt- und Kantonswappen, überhöht mit einem eidgenössischen Kreuz, vor. Der Verwaltungsrat wollte an Stelle des eidgenössischen Wappens einen Helm mit Federbusch setzen. Dies veranlasste Berbig, Johann Rudolf Rahn, Professor für Kunstgeschichte am Polytechnikum, beizuziehen. Dieser empfahl, hinter dem Wappen den Knaben Tell mit dem vom Pfeil durchbohrten Apfel anzubringen. Obschon Rahns Empfehlung mit grösstem Dank für gut befunden wurde, verwarf der Verwaltungsrat den Vorschlag. Im schliesslich ausgeführten Mittelfenster halten ein eidgenössischer Bannerträger und ein Ratsherrn in mittelalterlicher Tracht Stadt- und Kantonswappen. Der Bannerträger hält eine Fahne mit dem Schweizerkreuz, der Platz über den beiden Wappen ist hingegen leer gelassen (Ausführlich hierzu: Gysel, 2020, S. 260f.)
Die Ansicht der Stadt Frauenfeld malte Berbig nach der Vorlage der Chronik von Johannes Stumpf aus dem Jahr 1548 (vgl. TG_27).
Auch Adolf Kreuzer schuf Entwürfe für die Fenster des Bürgersaals, die aber nicht zur Ausführung gelangten. Einer der beiden im Jahr 1888 datierten Entwürfe hat einen sehr ähnlichen Aufbau wie Berbigs Fenster, die Kantonswappen sind aber statt in der Rahmung im zentralen Bildfeld an einem Baum befestigt. Der andere Entwurf zeigt in der Mitte eine neogotische Kartusche mit den Wappen des Thurgau und der Stadt Frauenfeld, in der Rahmung sind die Wappen von zwanzig Thurgauer Gemeinden angebracht. Ein dritter Entwurf bringt wie Berbigs Fenster eine Stadtansicht Frauenfelds zur Darstellung. Bei beiden letzteren Entwürfen sind das Stadt- und Kantonswappen vom eidgenössischen Wappen überhöht (Zentralbibliothek Solothurn, Mappe A. Kreuzer, S II-160-5, 2, 3 und 27; vgl. Giese/Keller, 2022, im Druck).
Die neun auf den beiden Scheiben genannten Stifter waren die damaligen Mitglieder des Verwaltungsrates der Bürgergemeinde Frauenfeld. Es handelt sich um folgende Personen: Johann Ulrich Wehrli (1840–1896), von 1877–1889 Gemeindeammann in Frauenfeld. Carl Vogler (1840–1895), von 1874–95 Regierungsrat und von 1880–1895 Verwaltungsratspräsident der Bürgergemeinde. Emil Wüest (1833–1894), Sohn des Frauenfelder Postdirektors Johann Jakob und Stadtschreiber (vgl. Schoeck, 2012). Johannes Raggenbass (1821–1895), Bezirksrat und der erste Zivilstandsbeamte der Stadt. Zudem amtete er als Kassier der Bürgergemeinde (Gnädinger/Spuhler, 1996, S. 189–190, 321; Salathé, 2013).
Das Glasgemälde wird genannt in:
Früh/Ganz, 1987, S. 15.
Das Rathaus Frauenfeld, 1983, S. 111.
Gysel, 2020, S. 241–269.
Datierung
1888
StifterIn
Wehrli, Johann Ulrich · Vogler, Carl · Wüst (Wüest), Emil · Raggenbas, Johannes
Eigentümer*in
Bürgergemeinde Frauenfeld