Titel

Wappenscheibe Daniel Müller

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Datierung
1667
Masse
29.6 x 19.6 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Das auf die violette Rollwerkkartusche mit dem Stifternamen gesetzte Vollwappen Daniel Müllers steht vor weissem Grund im Zentrum einer mehrfarbigen, feingliedrigen Hallenarchitektur. Es wird von zwei allegorischen Frauengestalten in violetten Gewändern begleitet. Davon verkörpert diejenige rechts mit dem Anker in der Hand Spes (die Hoffnung). Ihr Gegenüber hält in ihren Händen ein Buch und einen stabartigen Gegenstand, der, durch Sprungbleie teilweise überdeckt, nicht mehr klar erkennbar ist. Möglicherweise handelt es sich dabei um einen Kreuzstab, das Attribut der Fides (des Glaubens). Dies ist um so wahrscheinlicher, als der Scheibenstifter Pfarrherr in Twann war. Hinter den beiden Allegorien erheben sich die schmalen Seitenöffnungen der dreiteiligen Architektur. Überdeckt werden dieselben durch ein Gebälk, das, auf Säule und Pfeiler ruhend, gegen die zentrale Arkade zurückfluchtet. Darauf sitzen zwei übermässig grosse Putten, wovon der eine die mosaïschen Gesetzestafeln, der andere die Bibel in der Hand hält.

Iconclass Code
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
Heraldik

Wappen Daniel Müller

Inschrift

H. Daniel Müller die= / ner des Wort Gottes Zů Twan / Camerarius des Erwürdigen / Capituls Nidauw. 1667. / HHL.
BIB / LIA. // SA[C] / RA.

Signatur

HHL

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Ein altes Flickstück in der Ecke oben rechts (Engelkopf); zwei Sprünge und einige Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer, violetter und grüner Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Daniel Müller war zunächst Helfer zu Nidau, dann Kammerer der Klasse Nidau und 1654–1668 Pfarrer zu Twann. Während seiner Amtszeit wurde die dortige Dorfkirche 1666/67 zu einem einheitlichen Predigtsaal umgebaut. 1678 stiftete er vermutlich seine in Pariser Privatbesitz erhaltene Scheibe in die 1678/79 durch Abraham Dünz neu erbaute Kirche von Sigriswil, wo er damals Prädikant war und als Kammerer des Kapitels Thun amtete. 1671 hatte er beim Brand der Kirche und des Pfarrhauses Geld und Hausrat im Wert von 4'000 Pfund verloren. 1693 wurde er zum Dekan des Kapitels Thun erkoren und starb vor Ostern 1696 (Angaben von Bergmann 2014, Bd. 2, S. 764–765, Kat.-Nr. 253).
1666/67 wurde die Kirche Twann umgestaltet und mit einem heute verlorenen Scheibenzyklus beschenkt (Moser 2005, S. 275, 442, Anm. 57). Es ist anzunehmen, dass Daniel Müller als amtierender Pfarrer und Bauinitiant zu diesem Anlass ein Glasgemälde in das dortige Gotteshaus schenkte. Es ist jedoch nicht geklärt, ob es sich dabei um die heute in der Kirche befindliche Scheibe handelt, die erst 1950 aus der Sammlung Wüthrich erworben werden konnte. Denn es existiert aus dem Jahr 1667 noch eine weitere, annähernd gleich grosse, von Hans Heinrich Laubscher geschaffene Scheibe, die 1932 aus dem Besitz der Familie Gendre ins Museé Gruérien in Bulle gelangte (Bergmann 2014, S. 764–765, Kat.-Nr. 253). Welches der beiden Glasgemälde der Pfarrer Müller in die Kirche von Twann stiftete, lässt sich daher nicht sicher beantworten. Lohner und Thormann/von Mülinen erwähnen in ihren gegen Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichten Arbeiten in der Kirche Twann keine Scheibe Daniel Müllers. Diese dürfte demnach schon früher aus der Kirche entfernt worden sein. Weitere, z. T. ebenfalls in die Jahre des Kirchenumbaus datierende Scheiben aus Twann sind verloren (Moser 2005, S. 275, 442, Anm. 57).

Datierung
1667
StifterIn

Müller, Daniel († 1696)

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

1950 von der Kirchgemeinde Twann-Tüscherz aus der Sammlung Wüthrich in London für die Kirche Twann erworben.

Vorbesitzer*in

Sammlung von Oberst May von Büren (betrifft allenfalls die vorliegende Scheibe oder diejenige im Museé Gruérien in Bulle). – Sammlung Wüthrich, London.

Bibliografie und Quellen

Literatur

Paul Boesch, Schweizerische Glasgemälde im Ausland. Privatsammlung von G. Wüthrich, London, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 12/1951, S. 50, Taf. 17c.

Bald tausendjährige Kirchengeschichte. Die Twanner Kirche wird restauriert, Artikel in: "Der Bund", 6. 10. 1978, Nr. 234.

Andres Moser/Ingrid Ehrensperger, Arts et monuments. Jura bernois, Bienne et les rives du lac, Bern-Wabern 1983, S. 107.

Werner Bourquin/Marcus Bourquin, Biel. Stadtgeschichtliches Lexikon, Biel 1999, S. 238.

Andres Moser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, Landbd. III, Bern 2005.

Uta Bergmann, Die Freiburger Glasmalerei des 16. bis 18. Jahrhunderts, Bern etc. 2014, Bd. 2, S. 764f., Abb. 253.1.

Vgl.

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67].

Franz Thormann/W.F. von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896].

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich, Neg. 41237.

Bildinformationen

Inventar

Referenznummer
BE_5555
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016; Uta Bergmann 2016