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BE_1437: Fragmente der Figurenscheibe des Standes Solothurn mit hl. Ursus (zu Doppelscheibe gehörig)
(BE_Bern_BHM_8556)

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Titel

Fragmente einer Figurenscheibe des Standes Solothurn mit hl. Ursus (zur Doppelscheibe aus Hindelbank gehörig)

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1518
Masse
71.5 x 50 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Vor blauem Damast steht in Vollharnisch und mit Federbarett der hl. Ursus auf grauem Fliesenboden mit dem Wappenschild und der Standarte der Thebäerlegion in seinen Händen. Die Rahmung bilden spätgotische Balustersäulchen und ein Astbogen mit Rankenwerk und Vögeln.

Iconclass Code
11H(URSUS & VICTOR) · männliche Heilige (URSUS & VICTOR)
25F3 · Vögel
44A311 · Standartenträger, Fahnenträger
Iconclass Stichworte
Inschrift

St. VRSVS. O [RA PRO NOBIS]. (im Nimbus).

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Zahlreiche Fragmente von der Figur, vom Banner und vom Rahmenwerk; geklebte Sprünge.

Restaurierungen
Um 1874/75 Karl Wehrli, Zürich.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die Doppelscheibe Solothurns (BHM Bern, 8556, 8557) stammt aus der Kirche Hindelbank und wurde wie die übrigen Glasgemälde 1911 bei einem Brand zerstört. Doch konnten etliche Fragmente gerettet und im Bernischen Historischen Museum zusammengefügt werden. Ein Foto im Schweizerischen Nationalmuseum Zürich (Neg. 8223) zeigt die Scheibe glücklicherweise noch vor ihrer Zerstörung von 1911.
Die Solothurner Seckelmeisterrechnungen verzeichnen die Stiftung im Jahr 1518: "Aber um ein venster gen Hindelbank in Kilchen XXViii lb." (Lehmann 1914, S. 224). Die Familie von Erlach stand Solothurn überaus nahe, so dass die Stiftung dieses befreundeten Stands an den Herrn von Hindelbank, Hans von Erlach, nicht verwundert.

Das Solothurner Scheibenpaar folgt der gleichen Vorlage wie die Stiftungen Solothurns in den Kirchen von Leuzigen (1519) und Ursenbach (1518) sowie aus der Kirche Wengi im Bernischen Historischen Museum (um 1523, nur Standeswappen erhalten; BHM Bern, Inv. 369). Davon unterscheiden sich die Wappenscheiben in Leuzigen und Ursenbach allerdings durch den bannertragenden, schildbegleitenden Engel. Auch die Rahmenarchitektur ist unterschiedlich gestaltet. Die Scheiben aus Hindelbank gehören in dieser Hinsicht sicher zu den schmuckreichsten und ausgefallensten mit dem verschlungenen Astwerk der Säulen und dem doppelten Bogen. Auch wenn qualitative und stilistische Unterschiede zwischen den Scheibenpaaren bestehen, vor allem zwischen den Ursus-Scheiben in Hindelbank und Leuzigen, wird man wohl davon ausgehen können, dass zwischen deren Herstellern enge Verbindungen bestanden.
Hans Lehmann schrieb die beiden von Solothurn nach Hindelbank verehrten Scheiben Jakob Wyss zu, dem er auch Solothurns Scheiben in Ursenbach (s. o.) und aus der Kirche Wengi (BHM Bern, Inv. 369) zusprach. Wie bei den Glasgemälden der Kirche Leuzigen dargelegt wurde, scheint Wyss von Beruf jedoch nur Glaser gewesen zu sein. Er kann die betreffenden Werke somit kaum geschaffen haben. Obwohl die Solothurner nachweislich auch Jakob Wyss beschäftigten, ist doch in den dortigen Seckelmeisterrechnungen von 1521 nur von einem Fenster die Rede ("Aber Jacob Wissen zu bern um 1 venster iiij lb"; Lehmann 1914, S. 224). Andere in den Solothurner Rechnungen genannte Meister wie Peter Marquart (1519), Jakob Hugi und Hans Stinglin (1521) sind in ihrem Schaffen bislang überhaupt nicht fassbar.
In der Grundposition ist dem hl. Ursus der Scheiben von Hindelbank und Ursenbach auch der hl. Ursus der Solothurner Stiftung in Jegenstorf von 1518 verwandt, die dem Berner Glasmaler Jakob Meyer zugeschrieben wird. Aufgrund ihrer stilistischen Unterschiede lassen sich die erheblich überarbeitete Ursenscheibe in Jegenstorf und die auf der gleichen Vorlage basierenden in Hindelbank und Ursenbach zwar sicher nicht der gleichen Hand, das heisst Jakob Meyer, zuschreiben. Gleichwohl drängt sich die Frage auf, ob nicht auch die Solothurner Doppelstiftung in Hindelbank von einem anonym bleibenden Glasmaler aus Meyers Werkstatt oder Umkreis ausgeführt wurde. Qualitativ und stilistisch steht den Solothurner Scheiben in Hindelbank die mehrfach genannte Standesscheibe aus Wengi im Bernischen Historische Museum am nächsten.

Datierung
1518
StifterIn

Solothurn, Stand

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1915 Bernisches Historisches Museum

Vorbesitzer*in

Kirche Hindelbank.

Inventarnummer
BHM 8556

Bibliografie und Quellen

Literatur

Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Zweites Heft. Mittelland. I. Aegerten–Jaberg, Bern 1880, S. 194.

Johann Rudolf Rahn, Zur Statistik schweizerischer Kunstdenkmäler. IV. Canton Bern, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, Januar 1882, Nr. 1, S. 240.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 22, 67.

Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der Kirche von Hindelbank, in: Schweizer Archiv für Heraldik 13/1899, Heft 1, S. 1–6.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 241.

Hans Lehmann, Die zerstörten Glasgemälde in der Kirche von Hindelbank und ihre Beziehungen zur Familie von Erlach, in: Berner Kunstdenkmäler, Bd. 4, o. J. [1913], S. 12, 38, Bl. 92a.

Hermann Schmitz, Die Glasgemälde des königlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin. Mit einer Einführung in die Geschichte der deutschen Glasmalerei, Bd. 1, Berlin 1913, S. 183.

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 16/1914, S. 224, Abb. 9a und 18/1916, S. 227 (Jakob Wyss).

Jahresbericht des Historischen Museums in Bern 1915, Bern 1916, S. 32 (hier 1519 datiert).

K. Frei, Wyss, Jakob, in: Schweizerisches Künstler-Lexikon 4/1917, S. 460 (Jakob Wyss).

Emil Würgler, Kunst, Handwerk und Volkskunst, in: Heimatbuch des Amtes Burgdorf, Burgdorf 1930, Bd. 1, S. 491.

Hugo Dietschi, Statistik solothurnischer Glasgemälde I. Teil, in: Jahrbuch für solothurnische Geschichte, 13/1940, S. 35f., Nr. 70.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich, Neg. 8223 (Jakob Wyss; hier Scheibe noch vollständig dokumentiert)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Bern_BHM_8556
Fotonachweise
© Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto: Stefan Rebsamen
Aufnahmedatum
2007
Copyright
© Bernisches Historisches Museum, Bern (www.bhm.ch)
Eigentümer*in

Seit 1915 Bernisches Historisches Museum

Inventar

Referenznummer
BE_1437
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016; Uta Bergmann 2016