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BE_736: Standesscheibe Bern
(BE_Bern_BHM_359)

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Titel

Standesscheibe Bern

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1523
Masse
68.2 x 49.2 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Vor blau-schwarzem Hobelspandamast heben zwei Löwen über den beiden einander zugeneigten Bernschilden den Reichsschild mit dem goldenen Spangenhelm empor, auf dem sich der in seinen Krallen den Reichsapfel haltende Reichsadler niedergelassen hat. Die Komposition wird seitlich von massigen Rundpfeilern mit dunkelblauen Basen und grünen Kapitellen gerahmt. Der sich darüber erhebende rankenverzierte Bogen ist ebenso wie der Reichsadler oben beschnitten.
Die Scheibe bildet das Pendant zur derjenigen mit dem hl. Vinzenz.

Iconclass Code
25F23(LION) · Raubtiere: Löwe
25F33(EAGLE)(+12) · Greifvögel: Adler (+ Wappentiere)
44B193 · Kugel (als Symbol der obersten Gewalt; mit einem Kreuz bekrönt)
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Bern, Reich

Inschrift

1523 (im rechten Kapitell).

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Die Scheibe oben beschnitten; der rechte Löwenkopf mit dem anschliessenden Pfeilerstück und ein kleines Helmdeckenstück über dem linken Löwenkopf neu ergänzt; Sprungbleie und Sprünge; die Verbleiung erneuert; die Wappen retuschierte Graffiti.
Alte Ergänzungen lassen sich keine ausmachen. Dies ist insofern erstaunlich, als die Scheibe 1648/49 in ihrem Glasbestand offenbar nicht mehr vollständig erhalten war und deshalb restauriert werden musste (s. u.). Dies führt zur Frage, ob der damals für die Reparatur zuständige Glaser aus Büren nicht in der Lage war, die Fehlstellen mit selbst gemachten Ergänzungen auszubessern und er sich deshalb gezwungen sah, Flickstücke einzufügen, die dann erst in neuerer Zeit durch Ergänzungen ersetzt wurden.

Restaurierungen
1648/49: Die Amtsrechnungen Bürens von 1648/49 enthalten die folgende, die vorliegende Scheibe betreffende Angabe: "Heinrich Witschi, der Glaser zu Büren hat im Chor zu Wängi Ihr Gn. Wappen, welches gar verlöcheret gsin, verbesseret und ein anders Wappen von Nüwem mit Bley yngefasset." (Heinz Matile, Inventar-Register zu den Museumsscheiben, BHM Bern). Demnach muss damals der Glaser Heinrich Witschi im Chor der Kirche Wengi die "verlöcherte" Bernscheibe "verbessert" haben.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Im Anschluss an den Neubau der Kirche in Wengi von 1521 verehrten um 1523 Bern (Doppelstiftung), Solothurn sowie Anton von Erlach und seine Gemahlin Fenster- und Wappengaben in den Kirchenchor. Nach den Aufzeichnungen, die Egbert Friedrich von Mülinen am 17. Juni 1873 in der Kirche machte, waren damals dort die vier betreffenden Scheiben in zwei Chorfenstern eingesetzt. Zudem sah er im Kirchenschiff eine Scheibe Burgdorfs mit dem von zwei Engeln gehaltenen Stadtwappen (von Mülinen 1893). Über den Verbleib dieser Burgdorfer Wappengabe ist nichts bekannt. Nach den 1874 erstellten Protokollen der für die damalige Kirchenrenovation zuständigen Baukommission wurden in diesem Jahr die vier alten Scheiben im Chor durch den an der Renovation beteiligten Spengler Hofer aus Büren aus den Fenstern entfernt und an einen Antiquar namens Röthlisberger in Kirchberg verkauft. Von ihm sollen sie 1875 für Fr. 500.- an einen Antiquar Woog in Bern gelangt sein. Sie gelangten noch im gleichen Jahr durch Kauf an den Berner Grossrat Friedrich Bürki und über dessen Erben schliesslich ans Bernische Historische Museum (Balsiger 1965, Aeberhard 1980).

Hans Lehmann schrieb die vier Scheiben aus der Kirche Wengi Jakob Wyss zu. Weil man nicht weiss, ob der Berner Glaser Jakob Wyss auch auf Glas malte. ist die Zuweisung Lehmanns aber unhaltbar. Emil Gerster hinwiederum brachte die beiden Bernscheiben aus Wengi mit Hans Sterr in Verbindung. Anlass dazu bot ihm wohl vor allem der hl. Vinzenz, der ihn in seiner aufgedunsenen Form an Sterrs Figurenstil erinnerte. Weil diese Heiligengestalt erheblich erneuert ist (Kopf und Gewandteile) und die mit Sterr in Verbindung gebrachten Arbeiten in Jegenstorf eine ganz andere modernere Stilsprache aufweisen, lässt sich die Autorschaft Sterrs jedoch kaum begründen. Beim heutigen Kenntnisstand lässt sich somit nicht schlüssig beantworten, von wem die aus der Kirche Wengi stammenden Glasmalereien geschaffen wurden. Sicher ist allein, dass die Berner Stiftungen und die Scheibe Anton von Erlachs von einem anderen Glasmaler geschaffen sein müssen als die Solothurner Standesscheibe aus Wengi, die einer unbekannten Hand aus der Werkstatt oder dem Umkreis Jakob Meyers zugeschrieben werden kann.

Datierung
1523
StifterIn

Bern, Stand

Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1882 Bernisches Historisches Museum

Vorbesitzer*in

1875–1881 Sammlung Grossrat Friedrich Bürki, Bern.

Inventarnummer
BHM 359

Bibliografie und Quellen

Literatur

Egbert Friedrich von Mülinen, Über die Glasmalerei in der Schweiz, in: Alpenrosen 22. Dez. 1872, No. 51, S. 503.

Catalog der Sammlungen des verstorb. Hrn. Alt-Grossrath Fr. Bürki. Auktion in der Kunsthalle Basel, 13. Juni 1881 und folgende Tage, Nr. 230 (mit vorliegender identisch?).

Katalog der Sammlungen des historischen Museums in Bern, Bern 1882, S. 51.

Eduard von Rodt, Katalog der Sammlung des historischen Museums in Bern, Bern 1884 (2. Aufl.), S. 51.

Eduard von Rodt, Das historische Museum Berns, in: Berner Taschenbuch auf das Jahr 1885, Bern 1885, S. 82 (aus Kirche Wengi).

Eduard von Rodt, Katalog der Sammlung des historischen Museums in Bern, Bern 1892 (3. Aufl., inklusive Supplement mit Zuwachs der Jahre 1892 bis und mit April 1895), S. 46.

Ludwig Gerster, Bernische Kirchen, Manuskript im Eidg. Archiv für Denkmalpflege Bern, [Kappelen nach 1892].

Egbert Friedrich von Mülinen, fortgesetzt von Wolfgang Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Sechstes Heft. Das Seeland, Bern 1893, S. 565.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 22, 27, 94.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 245, 249.

Franz Thormann, Die Glasgemälde im Historischen Museum Bern, Separatdruck aus den Blättern für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde, Bern 1909, S. 5.

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 16/1914, S. 229f. (Jakob Wyss).

K. Frei, Wyss, Jakob, in: Schweizerisches Künstler-Lexikon 4/1917, S. 460 (Jakob Wyss).

Max Ulrich Balsiger, Gefährdete Glasgemälde. Vom Schicksal alter Glasmalereien aus der Kirche Wengi, in: Hornerblätter 1965, S. 1–9, Taf.-Abb.

Robert Aeberhard, Kirchen im Seeland, Biel 1980, S. 200.

Angaben von Pfarrer Balsiger (Wengi) betreffend Entfernung der Scheiben aus der Kirche (1874) in Unterlagen von Heinz Matile im Bernischen Historischen Museum Bern (Kopien im Vitrocentre Romont).

Weiteres Bildmaterial

Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse B 1190; SNM Zürich, Neg. 9061, 9067 (Jakob Wyss, Bern)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Bern_BHM_359
Fotonachweise
© Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto: Yvonne Hurni
Aufnahmedatum
2007
Copyright
© Bernisches Historisches Museum, Bern (www.bhm.ch)
Eigentümer*in

Seit 1882 Bernisches Historisches Museum

Inventar

Referenznummer
BE_736
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema