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BE_772: Bildscheibe Peter Malacrida und Gemeinde Schlosswil
(BE_Schlosswil_refK_MalacridaP)

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Titel

Bildscheibe Peter Malacrida und Gemeinde Schlosswil

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Kupferschmid, Bendicht · Werkstatt, zugeschr.
Kupferschmid, Heinrich · Werkstatt, zugeschr.
Kupferschmid, Samuel · Werkstatt, zugeschr.
Datierung
1660
Masse
31.6 x 30.1 cm im Licht
Standort
Lage
n II, 4c/d
Inventar

Ikonografie

Beschreibung

Die gelbe Rollwerkkartusche mit der Stifterinschrift am Scheibenfuss ist in der Mitte durch den Ovalkranz mit dem Wappen Peter Malacridas unterbrochen. Das darüber befindliche Hauptbild zeigt die in der Kirche versammelte Gemeinde beim Abendmahl. Im Zentrum ist an einem Säulenpodest der Altar mit dem Brotleib aufgebaut. Links davon steht der Pfarrer und verteilt das Brot an die Frauen der Gemeinde. Eine Frau, die ihr Haar unter einer Hinterfür verborgen hat, führt die Reihe gleichgekleideter Frauen an, die über ihren Kopftüchern hohe Hüte tragen. Rechts vom Altar drängt sich eine Männergruppe mit zwei hohen weltlichen Repräsentanten im Vordergrund, die einander den Abendmahlskelch reichen. Mehrere Bildinschriften dokumentieren das Geschehen. Obwohl der dargestellte Innenraum mit der Fensterfront im Hintergrund und dem gefliesten Boden keinen ausgesprochen sakralen Charakter besitzt, ist kaum zu bezweifeln, dass hier die in der erneuerten Kirche von Schlosswil versammelte Festgemeinde wiedergegeben ist.

Iconclass Code
11Q713 · Kircheninneres
11Q722 · die (Kirchen)gemeinde
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
73D2 · das Abendmahl
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Peter Malacrida

Inschrift

Hr. Petter Malacrida / Predicant Vnd ein Ehrsame / Gmein Zů Wÿl, 1660.
Das Brot das wir bre / chen ist die gemein / schafft des lÿbs Christi // Den Kelch den wir trin / cken ist die gemein / schafft des Blůts Christi.
Das ist mein lÿb / Das ist mein blůtt.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Das kleine Eckstück unten links, das Glas mit dem Helmzierlöwen sowie mehrere Stücke in der Rahmenarchitektur neu ergänzt; ein Sprung im Wappen; Sprungbleie; die Verbleiung erneuert (laut Lohner war die 1864 noch in der Kirche befindliche Scheibe damals "nicht mehr ganz" bzw. laut von Mülinen 1883 "nicht mehr vollständig erhalten").

Restaurierungen
1912 Hans Drenckhahn, Thun: Hans Drenckhahn fertigte 1912 die heute in der Kirche befindliche Kopie der Scheibe des Petermann von Wattenwyl an (Original im BHM Bern, Inv. 4727). Die Annahme liegt somit nahe, dass er es war, der damals die Scheiben in Schlosswil restaurierte und darin stellenweise Ergänzungen anbrachte (das Foto des SNM Zürich von der vorliegenden Scheibe zeigt darin an Stelle der betreffenden Ergänzungen Lücken bzw. alte Flickstücke [in der Stütze unten links und im Kapitell oben rechts]).
2012 Ursula Knoblauch, Bern-Gümligen: Reinigung.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer und violetter Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Peter Malacrida († 1684) stammte aus einem reich begüterten Geschlecht des Veltlins. Sein Vater Elisäus war dem Veltliner Blutbad (Protestantenmord) von 1620 entronnen und nach Frankreich entflohen. Peter schlug die geistliche Laufbahn ein, amtete zunächst als Pfarrer zu Reutigen bei Thun (1654–1659) und anschliessend als Pfarrer zu Wil/Schlosswil (1659–1684). 1671 diente er als Feldprediger im französischen Regiment von Erlach und erhielt im gleichen Jahr das Recht eines ewigen Einwohners in Bern. Er starb 1684 als Seelsorger zu Höchstetten (Grosshöchstetten). Peter Malacrida war mit Esther Fischer (* 1636), Tochter des Niklaus und der Johanna Tribolet, verheiratet und brachte mit ihr acht Kinder zur Taufe (Archiv Hist. Ver. Kt. Bern 1913–1915, Heft 1, S. XVIII; HBLS 5/1929, S. 5; HLS 8/2009, S. 235; Kessel 2016). Unter ihm wurde 1660 die Kirche Wil erneuert, was ihn zusammen mit der Gemeinde zur Stiftung veranlasste.

Im dekorativeren Schriftcharakter unterscheidet sich das Glasgemälde des Pfarrers und der Gemeinde Wil von den Scheiben des Ehepaares von Diesbach-Dachselhofer. Es lässt sich deshalb kaum Matthias Zwirn zuweisen, der 1660 die Stiftung Petermann von Diesbachs signierte. Ebenso wenig besitzt es stilistische Bezüge zum Werk Hans Jakob Güders. Weil von Beat Herport, dem dritten damals in Bern tätigen Glasmaler, keine gesicherten Arbeiten vorliegen, kann dieser ebenfalls nicht als Schöpfer dafür in Anspruch genommen werden. Einiges spricht denn auch dafür, dass sein Herstellungsort nicht Bern, sondern die Werkstatt der Kupferschmid in Burgdorf war. Die auffallend ornamentale und sorgfältige Schrift von Malacridas Stiftung zeichnet nämlich mehrere vermutlich dort produzierte Glasgemälde aus. Dazu zählen die Scheiben Philipp Albrecht von Berndorffs und Niklaus von Wattenwyls aus dem Jahr 1662 in der Kirche Sumiswald und die ovale Wappenscheibe der Talschaft Grindelwald im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 343). Einen ganz ähnlichen Schriftcharakter besitzen die gleichfalls der Kupferschmid-Werkstatt zugeschriebenen Bildscheiben Heinrich Stählis von 1656 und Michael Imhofs von 1662 im Museumsdepot des Burgdorfer Kornhauses (Inv. 40.52, 4.386) sowie die laut Rechnungsbeleg 1666 an Bendicht Kupferschmid bezahlte Stadtscheibe Wangens in der Kirche Seeberg. Aufgrund dieses Rechnungsbelegs darf man annehmen, dass in den 1660er Jahren der genannte Bendicht Kupferschmid (1633–1673) der Werkstattleiter war. Neben ihm waren damals aber auch seine beiden Onkel Heinrich (1623–1689) und Samuel (1627–1688) Kupferschmid als Glasmaler in Burgdorf aktiv. Sie werden wohl alle in der gleichen Werkstatt gearbeitet haben. In welcher Weise die drei Glasmaler Kupferschmid zusammen kooperierten, weiss man zwar nicht. Stilistisch dürften sie sich in ihrem Schaffen aber kaum grundlegend unterschieden haben. Es muss deshalb offen bleiben, welcher oder welche der drei betreffenden Glasmaler an der Ausführung einer Scheibe jeweils beteiligt war(en).

Datierung
1660
StifterIn

Malacrida, Peter († 1684) · Schlosswil, Gemeinde / Kirchgemeinde

Herstellungsort
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Schlosswil

Bibliografie und Quellen

Literatur

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 162.

Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Viertes Heft. Mittelland. III. Papiermühle–Zuzwyl, Bern 1883, S. 337.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 96.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 247.

Eduard von Rodt, Bernische Kirchen, Bern 1912, Abb. S. 51.

Jürg Schweizer, Kunstführer Emmental, Wabern 1983 (2. Aufl.), S. 141.

Susanne Ammann (Red.), Schlosswil. Die kleine grosse Gemeinde, Schlosswil 2008, S. 88, Abb. S. 89.

Vgl.

Jahresversammlung des bernischen-historischen Vereins, Sonntag, den 29. Juni 1913, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 22/1913–1915.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS).

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS).

P. Kessel, Berner Geschlechter, 2016 URL: [http://www.bernergeschlechter.ch/humo-gen/family.php?database=humo_&id=F19652&main_person=I58905; 8.12.2016].

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich, Neg. 9006 (Matthias Zwirn)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Schlosswil_refK_MalacridaP
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Schlosswil-Oberhünigen
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Schlosswil

Inventar

Referenznummer
BE_772
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016; Uta Bergmann 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema