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BE_517: Wappenscheibe Hans Rudolf Lerber
(BE_Niederbipp_refK_Lerber)

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Titel

Wappenscheibe Hans Rudolf Lerber

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Fisch, Hans Ulrich I. · zugeschr.
Datierung
1622
Masse
31.5 x 20.9 cm im Licht · 38 x 27 cm mit Holzrahmen

Ikonografie

Beschreibung

Über dem hohen, beschrifteten Podium ist das Vollwappen Hans Rudolf Lerbers vor farblosen Grund gesetzt. Dahinter erhebt sich eine dreiachsige Architektur aus hellblauen Aussen- und grünen Innensäulen, die ein violettes Gebälk mit einem zentralen blauen Giebelaufsatz tragen. In den beiden schmalen, mit einer Balustrade versehenen Seitendurchgängen des architektonischen Gehäuses sitzt je ein Vogel in einem Reif. Während sich oben auf dem Giebelaufsatz zwei Putten mit einem Zweig in der Hand neben Fruchtschalen niedergelassen haben, sind unten neben dem Podium zwei weibliche allegorische Sitzfiguren festgehalten. Es handelt sich um musizierende Musen in langen violetten Röcken, wovon diejenige links auf einer Laute spielt und diejenige rechts einen Triangel anschlägt.

Iconclass Code
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
48C72 · Musiker
5(+1) · abstrakte Ideen und Konzeptionen (+ Personifikation)
92D1916 · Amoretten, Putten; amores, amoretti, putti
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Lerber, Hans Rudolf

Inschrift

Hans Růdolff Ler= / ber Diser zÿtt Vogtt / der Herrschafft Bipp. / 16 22.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Die beiden Frauenfiguren in den unteren Ecken und ein winziges Zwickelstück im Wappen sind neu ergänzt. Der Restaurator, der die beiden Musikantinnen ergänzend einfügte, hat dieselben ganz im Stile Fischs gemalt. Dies lässt vermuten, dass er die zwei Figuren nicht frei erfand, sondern nach ihm vorliegenden Originalfragmenten nachgestaltete. Mehrere Sprungbleie und zwei geklebte Sprünge im Wappen; die Verbleiung erneuert.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb und Eisenrot.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die mittelalterliche Kirche von Niederbipp wurde 1669 und 1712 zum Predigtsaal mit polygonalem Schluss umgebaut.
Dass nicht dokumentierte, um 1622 am Vorgängerbau der heutigen Kirche unternommene Renovationsarbeiten den Grund für Hans Rudolf Lerbers Wappengabe bildeten, lässt sich zwar nicht völlig ausschliessen. Wahrscheinlich sah sich dieser 1622 jedoch nicht aufgrund von Umbauarbeiten, sondern kraft seines Amtes, d. h. als Landvogt zu Bipp, zu seiner Stiftung in die Kirche veranlasst. Darauf weisen die Wappengaben, die vier weitere Landvögte Bipps nachweislich dorthin verehrten. Fünf Scheiben mit den Wappen von Bipper Landvögten sahen Carl Friedrich Ludwig Lohner und Egbert Friedrich von Mülinen in den Jahren 1864 bzw. 1890 nämlich noch im Gotteshaus, und zwar zusammen mit einer Berner Standesscheibe von 1620 sowie zwei Glasgemälden von 1712 mit den Wappen der Berner Venner Emanuel Wurstemberger (1649–1727) und Daniel Imhof (1633–1713). Bei den Stiftungen der fünf Landvögte handelte es sich um diejenigen Hans Rudolf Lerbers von 1622, Christoph Fellenbergs (1591–1654) von 1630, Hans Jakob Binders (1582–1649) von 1636, Samuel Kohlers (1598–1662) von 1643 und Burkhard Fischers (1603–1651) von 1647. Ebenso wie die drei Glasgemälde von 1620 und 1712 müssen diese Werke kurz nach 1890 aus der Kirche entfernt worden sein, werden sie doch in der Publikation Thormanns und von Mülinens von 1896 nicht mehr erwähnt.
2015 kam das Glasgemälde Hans Rudolf Lerbers im Auktionshandel wieder zum Vorschein. In der Folge konnte es von der Burgergemeinde Niederbipp erworben und als Schenkung der Kirchgemeinde übergeben werden. Seit 2015 befindet es sich damit wieder an seinem ursprünglichen Standort. Über das Schicksal der meisten übrigen ehemals in der Kirche vorhandenen Wappenscheiben liegen keine Nachrichten vor. Einzig von der Wappenstiftung Samuel Kohlers aus dem Jahre 1643 weiss man, dass sie in Privatbesitz erhalten ist. Zudem gibt es im Schloss Jegenstorf eine in den Massen mit Lerbers Glasgemälde von 1622 übereinstimmende Scheibe des Bipper Vogtes Burkhard Fischer (Inv. 78). Sie ist allerdings nicht 1647, sondern 1642 datiert. Dabei kann man sich allerdings fragen, ob im 19. Jahrhundert die Jahreszahl auf der damals noch in der Kirche Niederbipp zu bewundernden Wappenstiftung Fischers allenfalls falsch gelesen wurde.
Von ihrem Stil her lässt sich Lerbers Scheibenstiftung ebenso wie diejenigen Burkhard Fischers und Samuel Kohlers dem Aarauer Glasmaler Hans Ulrich I. Fisch zuweisen. So gehört das architektonische Grundschema des Glasgemäldes in Form des dreiachsigen Rahmengerüsts zu den Standardmustern dieses Glasmalers. Beispiele dafür finden sich u. a. unter dessen für die Kirche Gontenschwil bestimmten Scheiben von 1622 (Hasler 2002, Nrn. 33, 34) sowie unter dessen Rissen in der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums (Hasler 1996/97, Bd. 1, Nrn. 2, 5, 10, 14 etc.).

Hans Rudolf Lerber (1582–1646), der Sohn des Interlakener Landvogtes Urs und der Brigitte Rohrer, war in Bern Tuchscherer. 1618 wurde er Landvogt zu Bipp und 1627 Landvogt zu Interlaken. Am 10. Oktober 1603 ehelichte er Maria Herport, die Tochter Beats und der Anna Hirz (HBLS 4/1927, S. 660).
Ausser der Wappenstiftung Lerbers in der Kirche Niederbipp gibt es von diesem eine solche von 1628 in der Kirche Gsteig, die er als Landvogt von Interlaken dorthin machte.

Datierung
1622
StifterIn

Lerber, Hans Rudolf (1582–1646), Vogt, Landvogt

Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 2015 Kirche Niederbipp

Bibliografie und Quellen

Literatur

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 608.

Egbert Friedrich von Mülinen, fortgesetzt von Wolfgang Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Fünftes Heft. Der Oberaargau, Bern 1890, S. 32.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 80.

G. v. R., Die Kirche von Niederbipp, in: Jahrbuch des Amtes Wangen a. A., 1947, S. 32.

Galerie Jürg Stuker Bern, Katalog Frühjahrsauktion 20.–22. Mai 2015, Nr. 1219, Taf.-Abb. (Schätzpreis: Fr. 1000–1500).

Vgl.

Rolf Hasler, Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum, 2 Bde., Bern 1996/97.

Rolf Hasler, Glasmalerei im Kanton Aargau. Kirchen und Rathäuser, Aarau 2002.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS).

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Niederbipp_refK_Lerber
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Niederbipp
Eigentümer*in

Seit 2015 Kirche Niederbipp

Inventar

Referenznummer
BE_517
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

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Zusätzliches Bildmaterial
Schema