Name

Ehem. Kartause Ittingen

Adresse
Warth-Weiningen
8532 Warth-Weiningen
Geografische Hierarchie
Koordinaten (WGS 84)
AutorIn und Datum des Eintrags
Sarah Keller 2020
Informationen zum Gebäude / zur Institution

Drei Brüder des Truchsessengeschlechts von Ittingen gründeten Mitte des 12. Jahrhunderts in ihrer Burg eine dem heiligen Laurentius geweihte Augustinerpropstei. Nach deren Niedergang übernahmen 1461 die Kartäuser Kloster und Burg und bauten sie zu einer Kartause aus. Um den kleinen Kreuzgang gruppieren sich die im Rokoko gestaltete Kirche und die Gemeinschaftsräume, um den grossen Kreuzgang die Mönchshäuser. Heute dient die Anlage als Museum und Kulturzentrum.

Im Ittinger Sturm von 1524 wurde der mit Glasgemälden ausgestattete Kreuzgang der Kartause samt dem Kloster zerstört. Die Chronik des Josephus Wech überliefert, dass unter den zerschlagenen Glasmalereien eine Darstellung der Wurzel Jesse, ein Marienleben, eine Zyklus zu Leben und Passion Christi sowie ein Jüngstes Gericht zu finden waren, im Wert von 600 Gulden (vgl. Früh, 1983, S. 191).
Nach dem Wiederaufbau erbat sich der Prior der Kartause Ittingen an der eidgenössischen Tagsatzung 1551 Fenster und Wappen für die neue Kirche. Zürich lieferte 1551/52 eine von Carl von Egeri geschaffene Standesscheibe dorthin (Eidgenössische Abschiede, Bd. 4/1, S. 507–08, 549 (Juni und September 1551); Meyer, 1884, S. 288). 1552 stiftete auch das Kloster Tänikon eine Wappenscheibe in die Kirche von Ittingen (Boesch, 1943, S. 30). 1569 folgte eine Stadtscheibe Diessenhofens (Bürgerarchiv Diessenhofen, Ausgabenbuch 1569, Seite 8; Raimann, 1992, S. 202). 1607 schuf der Winterthurer Glasmaler Hans Jegli eine Scheibenriss-Serie (und wahrscheinlich die entsprechenden Glasgemälde) für die Gemeinden Uesslingen und Buch (Schweizerisches Nationalmuseum, Inv. Nr. 1922/1108 und 6/34), für den Uesslinger Pfarrer Michael Lichtenfels (Historisches Museum St. Gallen) sowie für den Ittinger Gerichtsschreiber Johann Wendel Locher (TG_1446, TG_1789). Üesslingen gehörte zur niederen Gerichtsherrschaft Ittingen und die dortigen Kartäuser hatten die Kollatur über die Üesslinger Kirche inne. Demnach war die Scheibenserie vermutlich für die Kartause Ittingen bestimmt (vgl. Boesch, 1955, 28–29). 1674 stiftete der Fischinger Abt Joachim Seiler zwei Rundscheiben in die Kartause (Rechnungsbuch des Joachim Seiler, Kloster Wonnenstein, Auszug von Adalbert Wagner im Staatsarchiv Thurgau Sign. 981, Dossier 1,0.3/34).

Bei der Klosteraufhebung im Jahr 1848 wurden alle Klostergüter in den Besitz des Kantons überführt. Damals wurden für Ittingen zwei Inventarlisten erstellt, die summarisch von mindestens zwanzig Glasgemälden berichten (vgl. Früh, 1983, S. 192). Jüngst entdeckte Margrit Früh eine höchst bemerkenswerte Auflistung von Glasgemälden, die im Unterschied zu den Inventarlisten spezifische Angaben zu den einzelnen Glasgemälden macht (Staatsarchiv Thurgau, Inv. 4’393’4/37; vgl. Früh, Bilderwelten). Aufgrund dieser vom Verwalter Giezendanner verfassten Liste, die zwanzig Scheiben nennt, lassen sich zehn heute in der Sammlung des Historischen Museum befindliche Glasgemälde identifizieren, die ursprünglich in die Kartause gestiftet wurden (TG_63, TG_64, TG_65, TG_217 (?), TG_222, TG_223, TG_224, TG_225 (?), TG_226, TG_227). Sie stammen aus den Jahren 1595, 1621, 1634, 1639, 1640, 1669, 1674 und 1680.

Im Südflügel des kleinen Kreuzgangs befinden sich heute fünf Glasgemälde von Jakob Georg Röttinger von 1909 (TG_58TG_62). Das Museum beherbergt vierzehn vor 1800 entstandene und 4 neuzeitliche Wappenscheiben.

Literatur

Boesch, P. (1943). Die Glasgemälde aus dem Kloster Tänikon. In Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich (33/3).

Boesch, P. (1955). Die alten Glasmaler von Winterthur und ihr Werk. 286. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur. Winterthur: Gemsberg-Druck.

Früh, M. (1983). Glasgemälde im Zusammenhang mit der Kartause Ittingen. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 40, S. 191–208.

Früh, M. (in Bearbeitung). Bilderwelten der Ittinger Kartäuser (Arbeitstitel).

Knoepfli, A. (1950). Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau. Band I. Der Bezirk Frauenfeld. Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 23. Basel : Verlag Birkhäuser, S. 223–301.

Meyer, H. (1884). Über die schweizerische Sitte der Fenster- und Wappenschenkung vom XV. bis XVII. Jahrhundert. Frauenfeld: J. Huber.

Raimann, A. (1992). Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau. Bd. V: Der Bezirk Diessenhofen. Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Basel: Wiese Verlag.