Die Kirche von Meyriez/Merlach besitzt ein romanisches Schiff aus dem 11./12. Jahrhundert und einen spätgotischen Chor, der 1528 dem Baumeister Hensli Spiritus von Murten verdingt worden war. Das Gotteshaus birgt drei alte Glasgemälde: zwei gleichzeitige Wappenscheibchen der Stadt Murten und eine 1560 datierte Standesscheibe von Freiburg (Rahn 1884. S.20; Lehmann 1912–1916. S.396–397; Anderes 1963. S.129–131, Abb.103 und 104, S.184–185, Nr.84–85; Schöpfer 1989. S.212–213; Schöpfer 2005. S.20–21).
Schon vor dem Neubau des Chores war 1518 durch den Glaser Bastian Techtermann "allerhand glaßwerk" im Auftrag des Rates von Freiburg in die Kirche von Meyriez geliefert worden (StAF SR 232, 1518/II, fol. 26r. Vgl. Anderes 1963. S.214, Nr. 271). Im gleichen Jahr wurde Bastian Techtermann auch vom Berner Seckelmeister für Fenster und Wappen nach Meyriez ausbezahlt (StABE Deutschseckelmeisterrechnung 1518/II B VII 453 d. Vgl. Trächsel 1877. S.187: "Denne Bastian Tächtermann dem glaser vmb ein vänster vnd wappen kam gen Meyry tut zu unserm teil 5 pfd. minder 1 sch 4 d"). Die Stiftungen standen wohl im Zusammenhang mit den Bauarbeiten im Schiff der Kirche, dessen Portal das Datum 1520 trägt.
Nach Vollendung des spätgotischen Chores 1530 gehörte Bern erneut zu den Spendern. Im Ratsmanuale der Stadt Bern findet sich zumindest ein Eintrag, der sich auf Meyriez beziehen dürfte: "Ann Schultheis von Murten. Denen von (m)Erlach ein kelch zu des herrn nachtmal. Ein venster in ir kilchen" (StABE RM 227, 1530, p.132 [12.11.1530. Bei Haller I. S.110 und 126 auf Erlach bezogen. Das korrigierend eingefügte «m» deutet aber auf Merlach/Meyriez, s. Matile 1974. S. 204). Eine Berner Standesscheibe dieser Zeit hat sich jedoch nicht erhalten. Auch der Rat der Stadt Murten verbuchte im Januar 1531 sechs Kronen für die Fertigung eines Fensters in der Kirche von Meyriez: "Item kostet das pfenster das man der kilchen von Merlach geschenckt hat vi kronen" (Stadtarchiv Murten StR 1530/II. [Jan. 1531]. Schöpfer 1989. S. 212, 239, Anm. 71). Offen bleibt allerdings, ob die Rechnung auch die beiden an Ort erhaltenen Murtner Stadtscheiben (FR_278/FR_279) mit einschloss, die in der Quelle nicht erwähnt werden. Da sie in einer altertümlichen Manier gemalt sind, könnten sie auch aus der Zeit vor dem Chorneubau stammen und in das neue Fenster versetzt worden sein. Auch die in Meyriez befindliche Standesscheibe Freiburgs mit dem Datum 1560 ist quellenkundlich ungesichert (FR_280). Sie dürfte die 1518 von Bastian Techtermann gelieferte Scheibe ersetzt haben.
1891 bat der Gemeinderat Moccand die Kirchgemeinde, auf die Erhaltung der Glasgemälde zu achten, da sie beinahe durch Steinwürfe zu Schaden gekommen wären. Der Pfarrer nutzte diese Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Wappenscheiben keinen religiösen Wert hätten und man sie besser ans Berner Museum verkaufen würde, um von dem Geld neue Glasgemälde mit religiösen Themen anzuschaffen. Zum Verkauf der Glasgemälde fehlte den Merlachern aber die Zustimmung des Freiburger Staatsrates (Kirchgemeindearchiv Merlach, Protokolle der Kirchgemeindeversammlungen 15.3.1891 und 13.3.1892). Vielmehr schuf 1914 das Atelier Kirsch & Fleckner als Pendant zur Freiburger Scheibe von 1560 die Scheibe mit dem Wappen der Stadt Bern, während es die alten Glasgemälde restaurierte (Broillet 1915. S.202 und 217. Kirchgemeindearchiv Merlach, Protokoll der Kirchgemeindeversammlung 1914, p.202, 205, 207, 217–218. Für das Chorfenster schufen die Maler Rudolf Münger und Ernst Linck zwei Projekte). Man wollte daran erinnern, dass sich Meyriez unter der Herrschaft der gemeinsamen Vogtei Berns und Freiburgs befunden hatte. Ob ehemals tat- sächlich ein Gegenstück Berns zur Freiburger Scheibe von 1560 bestanden hatte, ist allerdings ungeklärt.
Im gotischen Schiffsfenster findet sich noch ein figürliches Glasgemälde im Art-Déco-Stil mit dem Thema des Gebets der Eidgenossen vor der Murtenschlacht, nach eiem Entwurf Jean-Edward de Castellas von Kirsch & Fleckner ausgeführt.
Trächsel, G. (1877). Kunstgeschichtliche Mitteilungen aus den Berner Staatsrechnungen 1505–1540. In Berner Taschenbuch auf das Jahr 1878, 169–205.
Rahn, J. R. (1884). Zur Statistik schweizerischer Kunstdenkmäler. V. Canton Freiburg. In Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, 17(1), 19–25.
Lehmann, H. (1912–1916). Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts. In Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF, 14, (1912. S. 287–309; NF 15, 1913. S. 45–52, 100–116, 205–226, 321–346; NF 16, 1914. S. 41–57, 124–150, 207–233, 304–324; NF 17, 1915. S. 4, 45–65, 136–159, 217–240, 305–329; NF 18, 1916. S. 54–74, 135–153, 225–243).
Broillet, F. (1915). Restauration de l’église de Meyriez près de Morat. In: Annales fribourgeoises, 3, 1–14, 199–223.
Anderes, B. (1963). Die spätgotische Glasmalerei in Freiburg i. Ü. Freiburg.
Schöpfer, H. (1989). Les monuments d’art et d’histoire du canton de Fribourg. Tome IV. Le district du Lac I. (Les monuments d’art et d’histoire de la Suisse vol.81) Bâle.
Schöpfer, H. (2005). Kirchenführer Merlach/Meyriez. Bern.
Lauper, A., Biffiger, S., & Beytrison, I. (2012). Merlach. Dans Fribourg/Freiburg, Valais/Wallis. Guide artistique de la Suisse (p. 313). Bern: Société d'histoire de l'art en Suisse.
Bergmann, U. (2014). Die Freiburger Glasmalerei des 16. bis 18. Jahrhunderts. Bern: Peter Lang. (Kat.-Nr. 278–280)
Staatsarchiv Freiburg (StAF): Seckelmeisterrechnungen (SR)
Staatsarchiv Bern (StABE): Deutschseckelmeisterrechnungen, Ratsmanuale (RM)
Stadtarchiv Murten: Stadtrechnungen (StR)
Kirchgemeindearchiv Meyriez/Merlach