Name

Reformierte Kirche, ehem. St. Martin

Adresse
Kirchgasse 19
3360 Herzogenbuchsee
Geografische Hierarchie
Koordinaten (WGS 84)
AutorIn und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 15.10.2015
Informationen zum Gebäude / zur Institution

Die indirekt schon 886 bezeugte Kirche Herzogenbuchsee gelangte 1108 mit der Güterschenkung der Herzöge von Zähringen im Oberaargau an ihr Hauskloster St. Peter im Schwarzwald. Zur Verwaltung dieser Güter errichtete das Kloster in Herzogenbuchsee (Buchsi, Buchsee) 1109 eine Propstei. Diese war ein geistliches, administratives und gerichtliches Zentrum mit einem angegliederten Meierhof (Dinghof) im Areal des heutigen Gemeindehauses/Kornhauses. 1527 unterstellte Bern die Propstei einem weltlichen Verwalter, das Niedergericht fiel der Landvogtei von Wangen zu. Bei der Reformation 1528 verwaltete ein bernischer Schaffner den Güterbesitz bis zur Übernahme durch die Landvogtei Wangen. Vier Dörfer dieser Propstei gelangten unter solothurnische Herrschaft. Aus dem Rest der Propstei entstanden innerhalb der bernischen Landvogtei Wangen die Kirchgemeinden Seeberg und Herzogenbuchsee (letzere mit 13 polit. Gemeinden die Drittgrösste im Kt. Bern). Das alte Gericht Herzogenbuchsee umfasste die sechs Gemeinden Herzogenbuchsee, Ober- und Niederönz, Wanzwil, Röthenbach und Heimenhausen. Die Kirche Herzogenbuchsee (ehemals St. Martin) wurde über einer römischen Villa und drei Vorgängerbauten 1728, im Jubiläumsjahr der Berner Reformation, unter Erhaltung des gotischen Turms als einer der grössten Predigtsäle des Kantons Bern nach Plänen von Hans Jakob Dünz neu erbaut. Ein Drittel der Kosten des Neubaus wurde durch Bern finanziert, das diesen zusätzlich durch Spenden förderte. Es fanden zahlreiche Renovationen statt: 1664 Bemalung des Chores durch einen Maler aus Sachsen; 1690 Versetzung des Taufsteins; 1770 Einbau der Orgel; 1859 Einbau eines Holzbodens im Chor, 1884, 1920 (mit Grabungen), 1969/70.

In die neue Kirche von 1728 wurden Fenster und Wappen von der Landesherrin und deren höchsten Magistraten gestiftet: vom Seckelmeister und von den vier Vennern (nicht aber vom Schultheissen), von den Landvögten in Wangen und Aarwangen, von den benachbarten Kirchgemeinden Seeberg, Aarwangen, Bannwil, Bleienbach, Langenthal und Lotzwil sowie von dortigen vier Pfarrherren. Laut der Bernischen Seckelmeisterrechnungen von 1728 und 1729 schuf der Berner Glasmaler Andreas Fueter die obrigkeitlichen Wappenstiftungen (vgl. Keller-Ris 1915, S. 170). Die Amtsrechnungen von Wangen der Jahre 1729/30 und 1730/3 erwähnen zudem Transporte von Wappenscheiben in Zusammenhang mit dem Kirchenneubau (Heinz Matile, Kartei Ortskatalog Glasgemälde, Bernisches Historisches Museum). Die Scheiben der Kirchgemeinden und der Pfarrer wurden 1728/29 ins Langhaus gestiftet, das seit alters der Kirchgemeinde gehörte (vgl. Henzi 1978). Die Wappenscheiben der Vennerkammer (4 Venner u. Deutschseckelmeister) sowie der Landvögte von Wangen und Aarwangen (3 Scheiben) fanden 1728/29 im Chor Platz. 1912 erhielt die Kirche drei Chor-Bibelfenster, die Emil Gerster und Charles Rescatori nach Entwürfen von Eugène Burnand (1850–1921) ausführten. Die Entwürfe waren 1911 im Kunstsalon in Paris ausgestellt und befinden sich heute im Burnand-Museum in Moudon. Die Chorscheiben von 1728 wurden damals in die südlichen Schifffenster versetzt.

Literatur

J. Keller-Ris, Die Fenster- und Wappenschenkungen des Staates Bern von 1540 bis 1797, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 17/1915.

Hans Henzi, Die Kirche der Bergpredigt/Werner Staub, Eugène Burnand der Maler der Berpredigt, Herzogenbuchsee 1978.

Zita Caviezel, Georges Herzog, Jürg A. Keller u. Ursula Maurer (2006). Herzogenbuchsee, in: Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Solothurn. Kunstführer durch die Schweiz. Bern: Ges. für Schweizerische Kunstgeschichte, S. 589.

Walter Gfeller, Herzogenbuchsee (Schweizerische Kunstführer), Bern 2009.